Trendwende

Deutscher Immobilienmarkt schwächelt

Nach Jahren der Preissteigerungen ist am deutschen Immobilienmarkt die Trendwende erreicht. Rückgänge von 15 bis zu 25 % werden vom Verband deutscher Pfandbriefbanken über einen längeren Zeitraum für möglich gehalten.

Deutscher Immobilienmarkt schwächelt

tl Frankfurt – Die Preise auf den deutschen Immobilienmärkten dürften in den kommenden Monaten deutlich zurückgehen. Gleichzeitig wird sich auch das Neugeschäft bei Immobilienfinanzierungen abschwächen. Auf einer Veranstaltung des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (VDP) am 5. Dezember sagte sein neu gewählter Präsident, Georg Reutter, er rechne über einen längeren Zeitraum mit Preisrückgängen von bis zu 15 bis 25% am gesamten Immobilienmarkt. Er betonte aber, dass die tatsächlichen Preise sehr stark vom Einzelfall abhingen.

Klare Anzeichen für eine Trendwende bei den Immobilienpreisen haben sich bereits im dritten Quartal dieses Jahres gezeigt. Da ging der VDP-Immobilienindex im Vergleich zum Vorquartal bereits um 1 % zurück – der erste Rückgang seit 2011. Dabei war die Abschwächung bei Gewerbeimmobilien mit −2,2% deutlich größer als bei Wohnimmobilien mit −0,7% (vgl. BZ vom 11. November).

Vor dem Hintergrund eines abgeschwächten Transaktionsvolumens – Reutter sprach von Investoren, die angesichts des gestiegenen Zinses einen verringerten Kaufpreis erwarteten, während Bestandshalter dazu bisher nicht bereit seien – sind die Darlehenszusagen der VDP-Mitgliedsinstitute in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres um 1,3% (im Vergleich zum Vorjahreszeitraum) auf 132,1 Mrd. Euro zurückgegangen. Die VDP-Institute decken rund 40 % der gesamten Immobilienfinanzierungen ab. Allerdings zeigte sich bei Wohnimmobilien und Gewerbeimmobilien ein gegensätzliches Bild: Während bei Ersteren die Darlehenszusagen um 10% sanken, legten sie bei gewerblichen Objekten um knapp 17% zu.

Für das vierte Quartal 2022 rechnet VDP-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt mit einem sehr verhaltenen Neugeschäft. Für das Gesamtjahr erwartet er ein Minus von rund 10 bis 15% gegenüber 2021 (175,0 Mrd. Euro). Das erste Quartal 2023 werde in etwa so laufen wie die beiden Vorquartale, wenn sich das Transaktionsvolumen weiterhin so verhalten entwickeln werde wie bisher.

Pfandbriefabsatz läuft

Beim Pfandbriefabsatz zeichnet sich für 2022 ein Rekordjahr (seit 2011) ab. Wurden im gesamten Vorjahr noch Papiere im Wert von 64,7 Mrd. Euro auf den Markt ge­bracht, waren es in den ersten zehn Monaten dieses Jahres schon 71,4 Mrd. Euro. Dieses Wachstum kam von Hypothekenpfandbriefen (57,4 nach 46,4 Mrd. Euro im Ge­samt­jahr 2021), während öffentliche Pfandbriefe erneut schwächelten (14,0 zu 18,3 Mrd. Euro). Für 2023 erwartet der VDP allerdings keine Wiederholung des starken Jahres 2022. Tolck­mitt verwies auf die Rückkehr der klassischen Pfandbriefinvestoren wie Versicherer und Fonds. Sie konnten in der Vergangenheit angesichts der starken Kaufaktivität der EZB – 2021 entfielen auf sie 30 bis 40 % der Neuemissionen – bei den extrem kleinen Spreads von etwa 60 Basispunkten nicht mithalten. Seitdem die EZB ihre Aktivität auf den Ersatz fälliger Papiere reduziert hat, habe sich der Spread auf etwa 100 Basispunkte ausgeweitet. Damit seien Pfandbriefe wieder attraktiv für Investoren und würden als Substitut für deutsche Staatsanleihen geschätzt.

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