Gaming

Aufmarsch der Giganten

Gaming macht mobil, der Milliardenmarkt spielt auf Smartphones und Tablets. Die Giganten der Branche stellen sich um – und ein – auf den Kampf mit Apple und Google.

Aufmarsch der Giganten

Seit Jahren beißen sich die Regulierungsbehörden dies- und jenseits des Atlantiks an den Technologieriesen aus dem Silicon Valley die Zähne aus. Besonders Apple und Google, die mit ihren beiden System-Plattformen App Store und Play Store den Schlüssel zum Mobile Internet in den Händen halten, sind bei der EU-Kommission Gegenstand zahlreicher und vor allem schier endloser Wettbewerbsverfahren. Dies hat weltweit große und kleine App-Entwickler, für die die beiden Plattformen eine unverzichtbare Vertriebsoberfläche darstellen, frustriert. Epic Games, Entwickler des Weltbestsellers Fortnite, hat deshalb den langen Weg durch das Behördendickicht abgekürzt und ist im Streit mit Apple um den Rauswurf von Fortnite aus dem App Store gleich vor Gericht gezogen. Während das vielbeachtete Verfahren, bei dem das Urteil im Herbst erwartet wird, noch läuft, hat der Vorstoß des Spieleentwicklers schon Nachahmer gefunden. Eine ganze Gruppe von Kleinanbietern zog ebenfalls gegen die für Apple äußerst lukrativen Geschäftsregeln im App Store zu Felde – und trotzte dem iPhone-Konzern einen Vergleich ab.

Dessen Ergebnis ist allerdings reichlich mager. Zentrale Forderungen der Kläger hat Apple abgewendet. Das Unternehmen muss weder einen weiteren App-Store auf dem iPhone oder iPad zulassen noch seine Kontrolle über finanzielle Transaktionen aufgeben und die hohe Umsatzbeteiligung von bis zu 30% reduzieren – wie dies auch von Epic Games gefordert wird. Stattdessen gibt es ein paar moderate Anpassungen und Almosen für die kleinen Entwickler in Gestalt eines Unterstützungsfonds. Mit anderen Worten: Apple, hier in engem Schulterschluss mit Google, hält in der Festung weiterhin die Stellung. Anstelle des großen Tores wurde eine kleine Nebenpforte geöffnet, in der Hoffnung, den Hauptangriff abzulenken. Das Nutzungsregime von App Store (und Play Store) für große Entwickler mit Umsätzen im dreistelligen Millionenbereich soll unverändert bleiben.

Sieht es also auf den ersten Blick wieder nach einem Sieg der Technologieriesen aus, könnte es dennoch sein, dass gerade die insgesamt milliardenschwere Gaming-Branche dazu beiträgt, dass das Blatt sich wendet. Denn auch in der Welt der Spiele verlagert sich der Austragungsort immer mehr weg von Konsole und PC hin zu den mobilen Plattformen von Smartphone und Tablet. Spiele für mobile Endgeräte sind bei Marktanteilen schon 2016 an den stationären Computern vorbeigezogen. Damals standen sie allerdings erst für rund 37% des gesamten Umsatzvolumens der Branche. Inzwischen liegt ihr Anteil geschätzt zwischen 52% und 60%. Dies mobilisiert auch die großen Player der Gaming-Szene, und ihr Vorstoß stärkt potenzielle Angreifer auf die Bastion von Apple und Google. Die Konzerne rüsten sich mit Übernahmen von Mobile Players, um sich ihren Teil vom Kuchen zu sichern. Electronic Arts hat gleich mit zwei Milliardendeals zugeschlagen: dem Kauf von Glu Mobile für 2,1 Mrd. Dollar und dem von Playdemic für 1,4 Mrd. Dollar. Andere Unternehmen wie Ubisoft stecken hohe Summen in die Entwicklung oder Adaption von Spielen für mobile Plattformen.

Noch sind die Anteile der traditionellen Player am Mobile-Gaming-Markt relativ gering. Electronic Arts bringt es auf rund 12%, bei Ubisoft sind es bisher 8%, Nintendo liegt abgeschlagen bei knapp 4%, während Activision-Blizzard (Call of Duty) es immerhin schon fast auf ein Drittel bringt, gestützt auch auf die Übernahme von King 2016. Indes sehen sich die Unternehmen auch durch das veränderte Geschäftsmodell im mobilen Segment gebremst, das durch die Praxis von Apple und Google in ihren Stores geprägt wird. Denn während die Gaming-Riesen bisher üppige Einmallizenzgebühren für neue Spiele kassieren, läuft es auf den mobilen Plattformen darauf hinaus, dass viele Spiele kostenlos sind und die Einnahmen durch sogenannte In-App-Käufe – bei denen Google und Apple absah­nen – generiert werden. Auch Abo-Modelle wie auf dem Streaming-Markt gewinnen an Be­deutung.

Giganten wie Nintendo oder Microsoft, die vom Gaming abhängig sind oder doch erhebliche Umsatzanteile und Wachstumspotenzial im Feuer sehen, dürften bald ihre geballten (finanziellen) Muskeln einsetzen, um das Geschäft zu sichern. Bessere Teilhabebedingungen in App und Play Store sind der Schlüssel dazu. Die etablierten Player benötigen ihn umso mehr, als dass auch an einer anderen Front der Aufmarsch längst begonnen hat: Chinesische Schwergewichte wie Tencent sind bereits dick im Geschäft.

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