Leitartikel

Banken als Dividendentitel

Die Metamorphose zum Dividendentitel ist für die beiden hiesigen Großbanken entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung ihrer Strategien.

Banken als Dividendentitel

Nach der Commerzbank hat sich auch die Deutsche Bank durchgerungen, sich zu einer Ausschüttungsquote zu bekennen. Die beiden Institute, die in den vergangenen Jahren vor allem als Protagonisten von letztlich im Sande verlaufenen Merger-Fantasien von sich reden gemacht haben, wollen in den kommenden Jahren bis zu 50% des Konzerngewinns in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen an die Anteilseigner ausschütten. Damit würden sie, wenn auch mit einigem zeitlichen Verzug, ihren Wettbewerbern in den europäischen Nachbarländern nacheifern. Banken wie BNP Paribas, UBS und allen voran Intesa Sanpaolo üben sich schon seit Jahren darin, die Aktionäre mit zum Teil fürstlichen Ausschüttungsversprechen bei der Stange zu halten. Der zu Beginn der Corona-Pandemie von den Aufsichtsbehörden verhängte Dividendenstopp sorgte nur für eine Pause.

Für die Anteilseigner der hiesigen Großbanken ändert sich durch die neue Dividendenpolitik zunächst einmal wenig, zumindest auf kurze Sicht. Erstens werden nur die Aktionäre der Deutschen Bank bereits in diesem Jahr eine Depotgutschrift erwarten. Diese wird – wie auch die von der Commerzbank für das kommende Jahr in Aussicht gestellte Dividende – eine eher symbolische Größenordnung haben. Und zweitens deutet die desaströse Kursentwicklung der vergangenen Wochen darauf hin, dass viele Anleger zweifeln, ob die den Ausschüttungsplänen zugrunde liegenden Prämissen nicht obsolet sind. Immerhin hat der russische Angriffskrieg so manche wirtschaftliche wie geostrategische Gewissheit pulverisiert.

Zwar haben sich die beiden Institute bemüht, den Markt mit der Offenlegung ihres gemessen am Konzernportfolio tatsächlich recht begrenzten Engagements in den von Krieg und Wirtschaftssanktionen betroffenen Regionen zu beruhigen. Doch vor allem die in Frage gestellte Versorgungssicherheit der energiehungrigen deutschen Industrie durch das drohende Ende der russischen Gaslieferungen hat das Potenzial, die ambitionierten Strategiepapiere von Deutscher Bank und Commerzbank nicht bloß durcheinander-, sondern womöglich in den Papierkorb zu wirbeln. Hinzu kommen Zweifel, ob die Europäische Zentralbank dieses Mal Ernst macht und die geldpolitischen Zügel tatsächlich straffer zieht. Der viel beschworene Rückenwind, den sich die beiden Großbanken davon erhoffen, könnte erneut ausbleiben.

Trotzdem ist die Entscheidung, den Aktieninvestoren mehr Planungssicherheit zu versprechen, richtig. Nach den Turbulenzen der vergangenen Jahre muss vor allem die Commerzbank endlich zur Ruhe kommen. Das erfordert Investoren, die dem Management nicht nur genügend Zeit für die Entwicklung und Präsentation, sondern vor allem auch für die Umsetzung einer Strategie zubilligen. Der Stillstand, in dem das Institut in den vergangenen Jahren verfangen zu sein schien, lässt sich jedenfalls nicht allein mit fehlender Managementqualität erklären. Mindestens ebenso schwer ins Gewicht gefallen sein dürfte die Zusammensetzung des Aktionariats.

Die sogenannten Value-Investoren, die auf Kontinuität und regelmäßige Kapitalausschüttungen setzen, muss man unter den Anteilseignern der Commerzbank vermutlich mit der Lupe suchen. Sie dürften die Ersten gewesen sein, die Reißaus nahmen, als das Institut nach der Übernahme der Dresdner Bank begann, die Aktionäre nach allen Regeln der Kunst zu schröpfen. An ihre Stelle rückten in den Folgejahren auch infolge der andauernden Übernahmespekulationen offenbar vermehrt Investoren, deren gerne auch mal in der Öffentlichkeit thematisierter Geduldsfaden ebenso kurz ist wie ihr Anlagehorizont. Mag sein, dass die aktivistischen Verbalattacken des US-Investors Cerberus hilfreich waren, um die Neuausrichtung der Commerzbank zu forcieren. Die damit einhergehende Fluktuation im Vorstand war es sicher nicht. Mit der unproduktiven Unruhe im Aktionariat stehen die Gelben keineswegs allein. Auch die Wiesbadener Aareal Bank wird von Aktionärsaktivisten und Hedgefonds vor sich hergetrieben, seit sie 2019 die Dividende erst kürzte und später auf Geheiß der EZB aussetzen musste.

Die Kontinuität, mit der Commerzbank und Deutsche Bank ihre finanziellen Ziele formuliert und, wenn auch mit vereinzelten, nachvollziehbaren Ausreißern, erfüllt haben, hat ihnen zu Recht den Respekt der Marktteilnehmer verschafft. Um diesen Weg weiterzugehen, sollten sie nun die angekündigte Metamorphose zum Dividendentitel genauso beharrlich vorantreiben.

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