Matthias Hildner

Bei der Wiesbadener Volksbank hat es zweimal geknallt

Die Wiesbadener Volksbank war im vergangenen Jahr gleich zweimal Opfer von Geldautomaten-Sprengungen. Vorstandschef Matthias Hildner erzählt im Interview der Börsen-Zeitung, wie sich die Bank nun schützt.

Bei der Wiesbadener Volksbank hat es zweimal geknallt

Silke Stoltenberg.

Herr Hildner, immer häufiger werden Geldautomaten gesprengt, die Täter gehen dabei mit immer größerer Brutalität vor. Auch Ihr Haus war im vergangenen Jahr betroffen. Was ist passiert?

An zwei Standorten kam es zu Geldautomaten-Sprengungen. Die Taten wurden jeweils am sehr frühen Morgen verübt, mutmaßlich, um das Entdeckungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Wir wurden jeweils durch die Polizei verständigt, waren dann schnell vor Ort und konnten nur noch die enorme Zerstörung begutachten.

Worin unterscheiden sich die Sprengungen heute im Vergleich zu früher?

Nach dem, was uns die Spezialisten sagen, wurde früher Gas in die Automaten eingeleitet, das dann zur Detonation gebracht wurde. Mittlerweile wird Festsprengstoff eingesetzt, der eine deutlich größere Zerstörungskraft hat.

Wie hoch waren die Schäden bei Ihnen?

Zum Glück waren in beiden Fällen Gebäude betroffen, in denen niemand gewohnt hat. Auch in umliegenden Häusern wurde niemand verletzt. Darauf nehmen die Täter nicht in allen Fällen Rücksicht. Die Gebäude wurden jedoch sehr stark beschädigt. Statiker hatten die Frage zu beantworten, ob die Standfestigkeit noch gegeben war.

Welche Schutzmaßnahmen hat die Wiesbadener Volksbank ge­troffen?

Es handelt sich um eine Kombination verschiedener Präventionsmaßnahmen. Wir analysieren unsere Geldautomatenstandorte auf ihre Ge­fährdung hin und treffen dann die im Einzelfall erforderlichen Vorkehrungen. Da spielen unter anderem der Gerätetyp, die Art des Einbaus und die Lage eine wichtige Rolle. Autobahnnahe Standorte sind besonders gefährdet, da die Täter, die häufig für ihre Taten aus dem Ausland einreisen, schnell flüchten wollen. Sie sind in der Regel mit hochmotorisierten Fahrzeugen unterwegs. Bestehende Automaten können darüber hinaus physisch ertüchtigt werden. Der Zugang zu ihnen wird dadurch er­schwert, dass unsere Foyers nachts geschlossen bleiben. Alarmtechnik und Videoüberwachung sind selbstverständlich, helfen aber nicht in allen Fällen, solche Taten zu verhindern. Dies gilt auch für die Begrenzung der Bargeldbestände in den Automaten und die Installation von Einfärbesystemen für die Bank­noten.

Sie gehören auch indirekt zur Präventionsgruppe beim Bundesinnenministerium, an der neben den Banken und Versicherern auch Bundesbank, BKA und das hessische LKA beteiligt sind. Wie kam es dazu, dass Sie als einzelne Volksbank dabei sind?

Wir sind Gründungsmitglied der Allianz Geldautomaten des hessischen Innenministeriums und des hessischen Landeskriminalamtes. Wir wurden gefragt, ob wir dabei sein wollen und haben uns dafür entschieden, da wir dies für eine sehr gute Initiative halten. Nur wenn alle Beteiligten mitwirken, kann diese abscheuliche Form der Kriminalität wirksam bekämpft werden. Dazu leisten wir gerne einen Beitrag.

Im November hat man sich beim Bundesinnenministerium auf ein Vorgehen bei Präventionsmaßnahmen verständigt. Was sind für Sie die wichtigsten Punkte?

Geldautomaten-Sprengungen sind die Banküberfälle der heutigen Zeit und kommen in letzter Zeit leider sehr häufig vor. Die Zahlen steigen sprunghaft an und sprechen für sich. Die Täter sind gut organisiert und gehen sehr professionell vor. Ohne Details zu nennen: Alles, was präventiv unternommen werden kann, um künftige Fälle zu verhindern, unterstützen wir. Denn neben dem materiellen Schaden stehen häufig Menschenleben auf dem Spiel. Guter Informationsaustausch und ein abgestimmtes Vorgehen gehören genauso dazu wie eine zielführende Risikoanalyse.

Wird man damit dem Problem Herr werden können, oder was müsste aus Ihrer Sicht noch passieren?

Straftäter sind erfinderisch. Sie lassen sich immer wieder neue Dinge einfallen und nutzen dann ihren zeitlichen Vorsprung. Denken Sie beispielsweise an die Geldautomatenmanipulationen mit falschen Tastaturen, Kartenschlitzen und eingebauten Kameras, die vor einigen Jahren sehr verbreitet waren. Die Hersteller haben darauf reagiert. Das ist heute kaum noch ein Thema. Genauso wird es nach meiner Einschätzung mit den Sprengungen sein. Es braucht etwas Zeit, dann werden die diversen Maßnahmen greifen und auch die Geräte so ausgestattet sein, dass Sprengungen nicht mehr so leicht möglich sein werden.

In Dänemark hat es im zurückliegenden Jahr keine Banküberfälle und keine gesprengten Geldautomaten mehr gegeben. Dort wird Bargeld kaum noch genutzt, es gibt nur noch vereinzelt in Filialen Bargeld, bei den Geldautomaten wurde der technische Schutz und die Überwachung stark verbessert. Kann man hieraus für Deutschland etwas lernen?

Beim Thema bargeldloser Zahlungsverkehr sind sicher einige Nationen etwas weiter als wir. Barzahlung ist hierzulande nach wie vor überdurchschnittlich beliebt. Aber der Trend geht eindeutig in Richtung unbare Zahlungsmittel. Die Akzeptanzstellen nehmen kontinuierlich zu. Das kontaktlose Bezahlen ist derart komfortabel, dass es sich im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung in allen Bereichen weiter durchsetzen wird. Die Gewohnheiten und Vorlieben ändern sich aber anscheinend nicht von heute auf morgen.

Das Interview führte

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.