KommentarChip-Industrie

Bei Halbleitern trennt sich die Spreu vom Weizen

Während der Speicherchip-Markt wegen der Nachfrageschwäche bei Smartphones, PCs und Laptops einen historischen Einbruch verkraften muss, profitieren Unternehmen mit einem Portfolio von komplexen Hochleistungschips von einer immensen Nachfrage.

Bei Halbleitern trennt sich die Spreu vom Weizen

Halbleiter

Jenseits der Massenware

Von Heidi Rohde

Der überraschend positive Ausblick des weltgrößten Chipauftragsfertigers TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) ist von den Anlegern in der Halbleiterindustrie mit Erleichterung aufgenommen worden. Neben Chipriesen wie Intel oder Samsung zog auch die Infineon-Aktie an, sie hat binnen zwei Tagen nun fast 6% gewonnen. Titel des Snapdragon-Herstellers Qualcomm liegen ebenfalls 6% vorn. Jenseits dieses zufallsgleichen Kursschubs haben gerade diese beiden Unternehmen indes kaum etwas gemeinsam, vor allem was die strategische Ausrichtung angeht.

Zyklischer Einbruch

Die Aktie des US-Giganten tritt binnen Jahresfrist ziemlich auf der Stelle, denn das Unternehmen, dessen Chips in fast 90% aller Smartphones verbaut sind, büßt für den zyklischen Einbruch der Nachfrage in diesem Bereich, der auch andere Endgeräte wie PCs und Laptops getroffen hat. Das Segment der dort verbauten Speicherchips ist Gartner zufolge im vergangenen Jahr um fast 40% zusammengeklappt und musste damit den schärfsten Rückgang in der Geschichte hinnehmen. Intel und Qualcomm mussten infolgedessen 2023 bei den Halbleitern jeweils Umsatzrückgänge um rund 16%, Samsung sogar um 38% verdauen.

Gewinner auch Infineon

Für andere Unternehmen zahlt sich dagegen die Ausrichtung auf komplexe Halbleiterprodukte für industrielle Anwendungen zunehmend aus, wo die Nachfrage teils sogar exponentiell gestiegen ist. Größter Gewinner dieser Entwicklung ist ohne Zweifel Nvidia, deren marktführende Chips für Software-Anwendungen mit künstlicher Intelligenz (KI) dem Konzern einen Umsatzschub von mehr als 50% und den Sprung auf Platz 5 der Top-Ten-Halbleiterhersteller beschert haben. Aber mit Infineon und STMicroelectronics spielen auch zwei europäische Unternehmen in der Halbleiterindustrie technologisch vorn mit. Sie profitieren vor allem von ihrer Ausrichtung auf die Automobilindustrie, deren Transformation den Bedarf an Hochleistungschips stetig erhöht.

Auch wenn der vielfach vom Privatkundensegment getriebene Markt für Speicherchips sich mit anziehender Konjunktur erholt, ist das stärker von Skaleneffekten und Preisdruck gekennzeichnete Segment die natürliche Heimat von Unternehmen in Niedriglohnländern. Strategisch interessanter und margenträchtiger ist das Geschäft mit Hochleistungschips, deren Anwendungsfelder mit dem wachsenden Einsatz von KI, Automatisierung und Robotik in zahlreichen Industrien sowie Zukunftsthemen wie Dekarbonisierung und Energiemanagement stetig breiter werden. Jenseits der Massenware sind deutsche und europäische Player daher strategisch gut aufgehoben.