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Dauerbaustelle Société Générale

Nach zahlreichen Umbauten will die Société Générale ihr Privatkundengeschäft in Frankreich umgestalten, das unter dem eigenen Namen betriebene Filialnetz mit dem ihrer Tochter Crédit du Nord zusammenlegen, Zweigstellen schließen und Stellen abbauen. Dabei dürfte es jedoch nicht bleiben.

Dauerbaustelle Société Générale

Von Gesche Wüpper, Paris

Sie träumte einst davon, Europas Goldman Sachs zu werden. Von diesem Traum hat sich Société Générale jedoch bereits seit längerem verabschiedet. Seitdem Skandal-Trader Jérôme Kerviel ihr Anfang 2008 mit seinen betrügerischen Geschäften einen Rekordverlust von fast 5 Mrd. Euro eingebrockt hat, gleich die Bank mit dem rot-schwarzem Logo einer Dauerbaustelle. Nach zahlreichen Umbauten will sie nun ihr Privatkundengeschäft in Frankreich umgestalten, das unter dem eigenen Namen betriebene Filialnetz mit dem ihrer Tochter Crédit du Nord zusammenlegen, Zweigstellen schließen und Stellen abbauen. Dabei dürfte es jedoch nicht bleiben.

Radikale Veränderungen

Wie die Automobil- und die Energiebranche werde der Banksektor radikale Veränderungen erleben, ist Société-Générale-Chef Frédéric Oudéa überzeugt: „Der massive Einsatz neuer Technologien wird weitergehen, die Herausforderungen rund um die ESG-Themen zunehmen, und der Wettbewerbsdruck wird nicht nachlassen.“ Im Privatkundengeschäft müssten die Banken nicht nur mit dem seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsumfeld kämpfen. So habe die Covid-Pandemie den Trend beschleunigt, dass Kunden immer seltener persönlich in die Zweigstellen der Banken gingen, sondern stattdessen immer mehr digitale Dienste nutzten, sagt er. Die Herausforderung bestehe deshalb darin, sich diesem Wandel anzupassen.

Genau dies will Société Générale mit der im Dezember angekündigten Zusammenlegung der unter ihrem eigenen Namen in der Heimat betriebenen Geschäftsstellen mit denen der Tochter Crédit du Nord erreichen. Die Zahl der Filialen soll von rund 2100 Ende vergangenen Jahres bis 2025 auf etwa 1450 Zweigstellen schrumpfen, die Zahl der Stellen im französischen Privatkundengeschäft von 2023 bis 2025 um gut 3700 auf insgesamt 25000. Auf harte Entlassungen will die von der Börsenkapitalisierung her drittgrößte französische Bank nach BNP Paribas und Crédit Agricole dabei verzichten. Die Fusion soll ab 2025 jährliche Einsparungen von 450 Mill. Euro bringen. Doch zunächst dürfte das Projekt 700 Mill. bis 800 Mill. Euro kosten. Davon dürften 70% allein in diesem Jahr anfallen.

Die 2011 wegen Gerüchten über drohende Liquiditätsengpässe an der Börse stark unter Beschuss geratene Bank war im französischen Privatkundengeschäft bereits im Zeitraum 2010 bis 2020 das Institut, das nach HSBC und BNP prozentual die meisten Zweigstellen abgebaut hat. So hat es innerhalb dieser Zeit seine Filialen von 2279 um 17% reduziert, während Crédit du Nord seine Zweigstellen von 865 um 8% verringert hat. Auch im internationalen Privatkundengeschäft, das zusammen mit dem heimischen rund 54% der Einnahmen von Société Générale ausmacht, hat die Bank in den letzten Jahren deutlich abgespeckt.

Zunächst trennte sie sich 2012 von ihrer Griechenland-Tochter Geniki, von ihrer Mehrheitsbeteiligung an der ägyptischen Tochter National Société Générale Bank und von der Belrosbank in Weißrussland. Vier Jahre später folgten die Splitska Banka aus Kroatien und die Bank Republik in Georgien, 2018 dann die Expressbank aus Bulgarien, Euro Bank aus Polen und die serbischen Aktivitäten. Im Vorkrisenjahr 2019 verkaufte Société Générale auch Mobiasbanca aus Moldawien sowie das Privatkundengeschäft auf den Antillen, wo sie seit der Übernahme der dortigen Aktivitäten von Royal Bank of Canada mit fünf Zweigstellen in Französisch-Guayana sowie auf Guadeloupe und Martinique vertreten war.

Abbau in Osteuropa

In Osteuropa ist Société Générale inzwischen nur noch in Russland mit Rosbank, in Rumänien mit BRD und in Tschechien mit Komercni Bank vertreten. Sie haben je rund zwei Millionen Kunden. Auch dort reduziert Société Générale Zweigstellen. In Tschechien hat sie sie innerhalb von vier Jahren von 400 auf 240 gesenkt, in Rumänien von 800 auf 570.

Während die Erträge des heimischen Privatkundengeschäfts im letzten Jahr um 5,6% auf 7,32 Mrd. Euro zurückgegangen sind, sind sie im internationalen Privatkundengeschäft um 12,3% auf 4,9 Mrd. Euro eingebrochen. Inzwischen haben die internationalen Aktivitäten jedoch wieder ein Niveau erreicht, das Société Générale eigentlich erst 2022 erwartet hatte.

Moderates Wachstum

Im nächsten Jahr dürfte das Ergebniswachstum der Bank jedoch moderater ausfallen als 2021, sagte Société-Générale-Chef Oudéa der Sonntagszeitung „JDD“. Dieses Jahr sei untypisch, da es von einer schwachen Risikovorsorge, der wirtschaftlichen Erholung nach den Corona-Restriktionen und dem Fluss der Ersparnisse hin zu dynamischeren Kapitalanlagen geprägt sei.

Mit dem geplanten Umbau des Privatkundengeschäfts könnten auch die Weichen für Oudéas Nachfolge gestellt werden, heißt es in Paris. Denn der unter anderem für das Filialnetz zuständige stellvertretende Generaldirektor Sébastien Proto wird als möglicher Kandidat gehandelt. Deshalb sehen einige Beobachter die geplante Fusion der Zweigstellen von Société Générale und Crédit du Nord als eine Art Bewährungsprobe für ihn.