KommentarThyssenkrupp

Der Rest Vertrauen bröckelt

Thyssenkrupp patzt zum Jahresstart und muss nach nicht einmal drei Monaten die Prognose einkassieren. Die Anleger senken den Daumen. Nur wenig macht derzeit Hoffnung.

Der Rest Vertrauen bröckelt

Thyssenkrupp

Der Rest Vertrauen bröckelt

Von Antje Kullrich

Thyssenkrupp patzt zum Jahresstart. Einzig
Portfoliomaßnahmen lassen noch hoffen.

Bei der Bewertung des Jahresauftakts von Thyssenkrupp lassen sich – wohlwollend betrachtet – Unterschiede in Eigen- und Fremdwahrnehmung erkennen. Oder man nennt es einfach Schönfärberei. Das Management des Stahl- und Industriekonzerns schaffte es unter Ausblendung vieler Tatsachen, den Start ins neue Geschäftsjahr als „vergleichsweise robust und im Rahmen der Erwartungen“ zu bezeichnen.

Dagegen brach sich die Enttäuschung der Investoren am Mittwoch in einem Kursrutsch Bahn. Der Preis für die in den vergangenen Jahren stark gebeutelte Aktie tauchte sogar knapp unter die Marke von 5 Euro und ist jetzt nicht mehr allzu weit vom historischen Tiefstand zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 entfernt. Der Marktwert liegt bei nur noch 3,1 Mrd. Euro und rangiert damit unter dem Buchwert der Stahlsparte allein.

Die Kritik der Aktionäre auf der Hauptversammlung vor wenigen Tagen ist mit dem Zahlenwerk erneut bestätigt worden. Keine drei Monate hat die Prognose für das angebrochene Geschäftsjahr gehalten, das Image des „Ankündigungsweltmeisters“ neue Nahrung bekommen.

Die Aussagen zum im September vorgestellten Performanceprogramm Apex waren wachsweich, konkret bezifferte Effekte gab es nicht. Den Glauben an wirklich greifende Effizienzmaßnahmen innerhalb des Konzerns scheinen viele Investoren schon verloren zu haben. An solchen haben sich bereits die Vorgänger von Konzernchef Miguel Ángel López Borrego mit bescheidenen Erfolgen versucht und abgearbeitet. In dieser Hinsicht zeigt sich der Traditionskonzern dysfunktional und schwer reformierbar.

Die Kursfantasie, sofern sich derzeit noch welche finden lässt, liegt allenfalls in Portfoliomaßnahmen. Doch auch hier klang der aktuelle Stand nicht allzu ermutigend. Seit Bekanntwerden von Gesprächen mit Kretinskys EPH Holding im Frühherbst hat sich anscheinend nicht viel bewegt. Einen Zeitrahmen für die Verhandlungen will López Borrego nicht nennen. Jetzt werde erst einmal ein neuer Businessplan geschrieben, hieß es im Analystencall. Das klingt alles so, als würden die Gespräche reichlich zäh verlaufen.

Hellere Aussichten gibt es für die Werftsparte Marine Systems. Zum einen konnte sie im ersten Quartal einen enorm gesteigerten Auftragseingang von mehr als einer halben Mrd. Euro vorweisen, was im rüstungsfreundlichen Umfeld derzeit keine Eintagsfliege sein muss, zum anderen ist eine Verselbständigung im Rahmen einer europäischen Konsolidierung weiter eine Option. Der Bund denkt zudem über eine Beteiligung via KfW nach.