KommentarModekonzern

Ein Kurseinbruch als Indiz für überzogene Erwartungen im Gesamtmarkt

Der Kurs von Hugo Boss ist am Donnerstag zeitweise um ein Fünftel eingebrochen. Grund für das Ausmaß des Kursrutsches war aber keine einschneidende Mitteilung aus dem Modekonzern, sondern ein Problem, das aus der Bewertung des Gesamtmarktes herrührt.

Ein Kurseinbruch als Indiz für überzogene Erwartungen im Gesamtmarkt

Hugo Boss

Überzogene Erwartungen

Von Martin Dunzendorfer

Am Donnerstag, dem Tag der Bilanzpressekonferenz, ist der Kurs des MDax-Wertes Hugo Boss zeitweise um 20% auf 50,56 Euro eingebrochen. Das war der tiefste Stand seit November 2022. Was war passiert? Hatte der Modekonzern eine völlig überteuerte Akquisition angekündigt? War großvolumig auf dem Devisenterminmarkt spekuliert worden mit der Folge riesiger Verluste? War herausgekommen, dass ein Manager kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet und das Geld verprasst hatte? Nichts dergleichen. Die Umsatz- und Ergebnisprognose für das laufende Jahr lag jeweils leicht unter der Konsensschätzung der Analysten. Zudem war eine Aussage des Vorstands nicht gut angekommen, wonach das Umsatzziel für 2025 von 5 Mrd. Euro möglicherweise nicht pünktlich erreicht wird. Da half es wenig, dass Vorstandschef Daniel Grieder betonte, er habe keine Zweifel, dass Hugo Boss das 5-Mrd.-Euro-Umsatzziel erreichen werde.

Der Dax könnte vor einer Korrektur stehen

Wieso also die ganze Aufregung? Weil trotz des – vorsichtig formuliert – trüben ökonomischen Umfeldes Analysten fast über die ganze Breite des Marktes viel zu hohe Erwartungen an die Geschäftsentwicklung deutscher Unternehmen haben und Investoren – schlechte Konsumstimmung, sinkende Exportchancen und die schwierige geopolitische Lage ausblendend – die Aktienkurse hierzulande auf Niveaus getrieben haben, die in einem ungesunden Verhältnis zu den ungeschönten Rahmenbedingungen und realen Aussichten für die Unternehmen stehen. Damit sind die Notierungen extrem anfällig für Korrekturen – selbst bei kleinen Abweichungen von den Erwartungen. Gestern traf es Hugo Boss, am Vortag DHL. Morgen den Dax, der mit über 17.800 Punkten auf Rekordniveau liegt?

Daniel Grieder (rechts), CEO von Hugo Boss, und Yves Müller, CFO des Modekonzerns; Quelle: Hugo Boss

Gleichwohl ist CEO Grieder von einer Mitschuld an dem gestrigen Kursrutsch nicht ganz freizusprechen. Seit seinem Amtsantritt im Juni 2021 schildert er die Zukunft von Hugo Boss stets in schillerndsten Farben und spricht über die großen Erfolge seiner im August desselben Jahres eingeführten Wachstumsstrategie; damit hat er eine Erwartungshaltung geschürt, die keinen Raum für noch so kleine Rückschläge lässt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.