Paris

Einzelhändler müssen umdenken

Während Supermärkte ab Januar bei vielen Obst- und Gemüsesorten auf Plastikverpackungen verzichten müssen, bekommen Luxusboutiquen das Ausbleiben reicher chinesischer Touristen zu spüren. 

Einzelhändler müssen umdenken

Besser spät als nie: Fast zwei Jahre nachdem das französische Parlament im Februar 2020 das sogenannte Anti-Verschwendungs-Gesetz verabschiedet hat, hat die Regierung ein darin enthaltenes Dekret unterzeichnet, das Plastikverpackungen von Obst und Gemüse den Kampf ansagt. Ab Januar 2022 dürfen Äpfel, Bananen, Birnen, Gurken und runde Tomaten nicht mehr in Plastikverpackungen verkauft werden. Von dem Verbot betroffen sind rund 30 Obst- und Gemüsesorten.

Ausgenommen ist Gemüse, das in größeren Mengen ab 1,5 Kilogramm verkauft wird. Gleichzeitig wird Produzenten und Einzelhändlern eine Übergangsfrist gewährt, damit sie eine Lösung für Obst- und Gemüsesorten finden können, die lose verkauft zu schnell verderben. Kirschtomaten, Aprikosen, Pfirsiche und grüne Bohnen dürfen deshalb noch bis Juni 2023 in Plastikfilm verpackt verkauft werden, Frühkartoffeln und -Karotten, Kirschen und Spinat bis Ende 2024 und die meisten roten Früchte sogar noch bis Juni 2026.

Gleichzeitig haben Produzenten und Einzelhändler sechs Monate Zeit, vorhandenes Verpackungs­material aufzubrauchen und sich umzustellen. Es gibt eine weitere Ausnahme, denn geschnittenes Obst wie Melonen, Ananas, Äpfel oder Mangos dürfen weiter in Plastikverpackungen verkauft werden. Die Regierung schätzt, dass derzeit 37% des Obstes und Gemüses in Frankreich verpackt verkauft werden.

Dass der Anteil nicht höher ist, liegt sicher auch daran, dass viele Franzosen Obst und Gemüse frisch auf einem der landesweit rund 110000 Wochenmärkte kaufen. In Paris gibt es in jedem Arrondissement mehrere verschiedene Märkte, die mehrmals pro Woche stattfinden. Dennoch lag der Anteil von Wochenmärkten und Verkaufsständen am gesamten Markt für Lebensmittel in Frankreich laut Insee gerade mal bei 2,2%, der von großen Supermärkten dagegen bei 63,2%.

Sich umstellen müssen auch die Luxusboutiquen in Paris, die seit der Covid-19-Pandemie ohne die einkaufsfreudigen Touristen aus China auskommen müssen. Bis diese wieder nach Frankreich zurückkehren werden, dürfte noch ein Jahr vergehen, schätzen Reiseveranstalter. Da chinesische Kunden vor der Krise rund ein Drittel der Luxusgüterverkäufe weltweit ausgemacht haben, müssen Nobelgeschäfte nun umdenken. Das Edel-Kaufhaus Le Printemps will deshalb wieder gezielt die Pariser Kundschaft umwerben, genauso wie umweltbewusste Konsumenten. An die wendet sich der kürzlich unter dem Namen „7e ciel“ eröffnete Secondhand-Bereich. Kurz davor hatten die benachbarten Galeries Lafayette am Boulevard Haussmann den „(Re)Store“ eingeweiht, eine Abteilung, in der es Mode aus recycelten Materialien und Secondhand-Kleidung gibt.

Andere Luxusmarken nutzen die Zeit, um ihre Boutiquen zu vergrößern und verschönern. Cartier etwa hat im Frühjahr mit einer aufwendigen Renovierung ihres in der Rue de la Paix gelegenen Flaggschiff-Geschäfts begonnen. Es soll im Herbst 2022 wieder eröffnet und mit einer Fläche von auf fünf Etagen verteilten 1000 Quadratmetern die weltweite größte Boutique der Marke werden. Chanel wiederum renoviert ihre auf Schmuck spezialisierte Adresse an der Place Vendôme und Christian Dior das erste Geschäft des Modehauses. Und der wie Christian Dior zu LVMH gehörende Luxusgüterhersteller Louis Vuitton hat gerade die Genehmigung bekommen, sein Geschäft auf den Champs-Élysées zu vergrößern.

Es ist die reiche Kundschaft aus den Golfstaaten, der die Luxusbranche in Paris in den letzten Monaten viel zu verdanken hat. Während zahlungskräftige Kunden aus anderen Ländern aufgrund von Reisebeschränkungen größtenteils ausgeblieben sind, sind viele Familien aus den Emiraten im Sommer vor der unerträglichen Hitze ihrer Heimat nach Paris oder an die Côte d’Azur geflohen. Während die Männer dieser reichen Familien abends gerne in edle Restaurants und Bars ausgingen, bevorzugten die Frauen, oft begleitet von ihren Assistentinnen, eine Einkaufstour in einer speziell nur für sie geöffneten Boutique zu später Stunde, berichten Branchenkenner. Für ihre Kinder und deren Kindermädchen wiederum buchten sie oft einen mehrtägigen Aufenthalt in Disneyland Paris.