Kryptobranche

Es droht der Totalschaden

Seit Genesis die Auszahlungen gestoppt hat, sind Konsumenten natürlich zurückhaltend, sich auf solche Zinsprodukte einzulassen, wären sie im Fall der Pleite doch unbesicherte Gläubiger. Und so frisst sich das Misstrauen tief in die Krypto­szene hinein.

Es droht der Totalschaden

In der Kryptobranche fällt ein Dominostein nach dem anderen. Nach den Pleiten von Three Arrows, Terra Luna, Celsius und FTX könnte nun mit Genesis ein Akteur umkippen, der für das Ökosystem als Prime Broker sehr wichtig ist. Mindestens 500 Mill. Dollar braucht die Tochter der Digital Currency Group (DCG), um ein Loch in der Bilanz zu stopfen. In einer ersten Runde haben Binance und Apollo schon abgelehnt – und man darf getrost skeptisch sein, ob 500 Mill. Dollar ausreichen, um das Schiff vor dem Sinken zu retten.

Denn das Geschäft von Genesis ist kapitalintensiv, was man auf der kurzfristigen Seite bislang mit Earn- und Yield-Produkten bewältigen konnte. Aber seit Genesis die Auszahlungen gestoppt hat, sind Konsumenten natürlich zurückhaltend, sich auf solche Zinsprodukte einzulassen, wären sie im Fall der Pleite doch unbesicherte Gläubiger. Und so frisst sich das Misstrauen tief in die Krypto­szene hinein.

Für zusätzliche Verunsicherung sorgt, dass das Management der Digital Currency Group auf Tauchstation gegangen ist. Zu hören ist, dass CEO Barry Silbert über die bereits bewilligte Equity-Infusion von 140 Mill. Dollar hinaus nichts Substanzielles beisteuern will. Allein die Tochter Grayscale Bitcoin Fund hat jährliche Gebühreneinnahmen von 300 Mill. Dollar, in dem Vehikel stecken mehr als 600000 Bitcoin. Und die Tatsache, dass dieser Fonds 45% unter seinem Nettoinventarwert notiert, verheißt nichts Gutes – vor allem, wenn man bedenkt, dass Anleger immer an ein sechsmonatiges Lock-up gebunden sind. Der Exodus aus diesem Flaggschiff-Produkt der Branche steht wohl erst bevor.

Zu den Kollateralschäden der sich abzeichnenden Genesis-Pleite gehört, dass Bitcoin am frühen Dienstag bei 15480 Dollar ein frisches Zweijahrestief markierte – und je tiefer die Kryptonotizen rutschen, desto weniger sind die Marktteilnehmer geneigt, irgendeinen Token als Sicherheit für ein Leihgeschäft zu akzeptieren. Schon jetzt ist eine ausgedünnte Liquidität im Handel festzustellen. Das trifft auch die Marktführer Binance und Coinbase, deren Einnahmen erodieren dürften. Coinbase hatte im dritten Quartal Ausgaben von 1,2 Mrd. Dollar und fuhr damit einen Nettoverlust von 544 Mill. Dollar ein. Wenn es in dem Tempo weitergeht, ist das üppige Cashpolster bald abgeschmolzen.

Die größte Gefahr liegt aber darin, dass die Anleger dem ganzen Sektor den Rücken kehren und bei Tether und Circle ihre Stablecoins zurückgeben. Denn diese halten im Verbund mit Brokern und Market-Makern den Geldfluss am Laufen in diesem System. Diese Krise ist der ultimative Lackmustest für Krypto.