Maschinenbau

Forschungszulage kommt dem Maschinenbau gerade recht

Die steuerliche Forschungsförderung scheint vor allem im Maschinenbau besonders begehrt. Seit der Einführung kamen mit Abstand die meisten Anträge aus der Branche, die aufgrund ihrer Beschaffenheit in der bisherigen Förderpolitik oftmals nicht zum Zuge kam.

Forschungszulage kommt dem Maschinenbau gerade recht

Die deutsche Wirtschaft ist besorgt. Noch liegt das Land mit seiner Innovationsleistung im internationalen Ranking weit vorn. Doch droht der Abstieg ins Mittelfeld, warnt der Industrieverband BDI. Damit das nicht passiert und Unternehmen bei ihren Forschungsvorhaben finanziell besser unterstützt werden, hatte die große Koalition Anfang 2020 nach jahrzehntelangem Ringen die steuerliche Forschungsförderung ins Leben gerufen. Diese sieht unter anderem eine Zulage von 25% der Personalausgaben im Forschungs- und Entwicklungsbereich vor. Die maximale Bemessungsgrundlage von 2 Mill. Euro wurde mit den Coronahilfen bis Mitte 2026 auf 4 Mill. Euro verdoppelt. Der Höchstbetrag für die Zulage liegt somit aktuell bei 1 Mill. Euro.

Anfang September 2020 hat die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ), die die Projekte auf Förderfähigkeit prüft, ihre Arbeit aufgenommen. Seit April 2021 können forschende Firmen ihre Zulage nun beim jeweils zuständigen Finanzamt beantragen.

Wer glaubt, dass nun Einigkeit in der Sache herrscht, irrt. Denn erste Zahlen zu den eingegangenen Anträgen sorgen für neue Diskussionen. Das Instrument komme bisher kaum in Gang, konstatierte die Grünen-Abgeordnete Anna Christmann Anfang Juli. Nur knapp 14% der rund 1800 antragstellenden Unternehmen mit einer BSFZ-Bewilligung hatten die Forschungszulage bis zum 24. Juni beim Finanzamt beantragt. Bei Zehntausenden Unternehmen in Deutschland sei das ein überschaubares Interesse, so Christmann, die sich mit ihrem Fazit auf die Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine von ihr gestellte Anfrage zu dem Thema bezog. Wenig später wollte auch die FDP wissen, wie es um die Nutzung der Forschungsförderung in Deutschland bestellt ist. Sie wollte es sogar etwas genauer wissen und erkundigte sich gleich auch, aus welchen Branchen wie viele Anträge bis Ende Juni eingegangen waren.  

Viele fallen durchs Raster

Dabei zeigt sich, dass zumindest aus Sicht der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer eher keine Rede von fehlendem Interesse sein kann. Denn von den bis Ende Juni 2417 eingegangenen Anträgen kamen mit 491 mit Abstand die meisten aus der deutschen Schlüsselindustrie. Mehr als 80% davon wurden positiv beschieden. Auf den Maschinenbau folgte im verarbeitenden Gewerbe der Bereich Elektrotechnik/DV (Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen und die Herstellung von elektrischen Ausrüstungen) mit 268 Anträgen. Aus der Chemie- und Pharmabranche kamen 186 Anträge. Für den Sektor Kraftwagen und Kraftwagenteile wurden 58 Anträge gemeldet. Dass der Bedarf gerade im Maschinenbau so verhältnismäßig groß ist, hängt laut Hartmut Rauen, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands VDMA, vor allem mit der Heterogenität des Sektors zusammen. „Wir sind auf der einen Seite wichtigster deutscher Industriezweig, stehen aber auf der anderen Seite für viele unterschiedliche Technologien, die oft vom Staat mit seinen Top-Down-Programmen nicht erreicht werden“, sagte er der Börsen-Zeitung. Viele Projekte der Unternehmen mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von unter 200 Beschäftigten seien vermeintlich nicht so attraktiv für die Förderpolitik oder zu klein und granular, wodurch sie weniger stark wahrgenommen werden. Die steuerliche Forschungsförderung sei daher „ein Segen, weil sie auch kleinere Forschungsprojekte und damit auch den industriellen Mittelstand direkt adressierbar macht“, so Rauen.

Der Deckel sorgt für Frust

Gleichzeitig sorgt die Deckelung des Höchstbetrags auf derzeit 1 Mill. Euro dafür, dass die vielen Midrange-Companies, also Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl zwischen 500 und 3000 Mitarbeitern, bei der steuerlichen Forschungsförderung nur einen Teil ihrer Aufwendungen bezuschusst bekommen. Das Zen­trum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) spricht hier von einer „Midrange-Problematik“ in der Forschungs- und Entwicklungsförderung. In einem Gutachten aus dem Jahr 2018 haben die Wissenschaftler nachgewiesen, dass solche größeren Mittelständler in der deutschen, aber auch EU-weiten Förderung systematisch benachteiligt sind.

„Auf der einen Seite sind die Midrange-Companies zu klein für die ganz großen Förderprojekte und wiederum zu groß für die KMU-In­strumente“, fasst es Rauen zusammen. Neben den vielen kleinen und mittelständischen Firmen stellen Unternehmen dieser Größenordnung aber auch einen wesentlichen Teil im Maschinenbau dar. Er freue sich daher zwar, wenn Instrumente wie die steuerliche Forschungsförderung auf KMUs abzielen. „Wir brauchen aber ein Instrumentarium, das die Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie in der Breite, also von Groß und Klein, adressiert.“

Am liebsten wäre Rauen vor diesem Hintergrund eine komplett un­gedeckelte Förderung – ein Wunsch, dem die CDU/CSU mit ihrem Programm für die Bundestagswahl noch am nächsten kommt. So verspricht die Union eine nochmalige Verdoppelung der Bemessungsgrundlage auf insgesamt 8 Mill. Euro. Bei den anderen etablierten Parteien sind solche konkreten Zielsetzungen in Bezug auf die Forschungszulage nicht zu finden. Das Instrument war auch deshalb lange umkämpft, weil wiederholt vor Mitnahmeeffekten gewarnt wurde. Anfang März meldete zudem der Bundesrechnungshof in einem Bericht an den Bundestag Zweifel an der zielgenauen Ausgestaltung der Forschungszulage an.

Die Bedenken, dass mit den Geldern einfach nur die Privatvermögen aufgestockt werden, teilt Rauen nicht. „Ich mache mir keine Sorgen, was Mitnahmeeffekte angeht“, sagt der VDMA-Vizechef. Studien in anderen Ländern hätten ergeben, dass die Gelder aus steuerlicher Forschungsförderung tatsächlich auch wieder in die Unternehmen und deren Forschung reinvestiert und sogar noch erhöht würden. Ob das auch in Deutschland der Fall ist, wird sich früher oder später zeigen.

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