Assetmanagement

Fraglicher Inflationsschutz bei offenen Immobilienfonds

Geht es nach der Werbung, so bieten Immobilienfonds einen Schutz vor Preissteigerung. Doch der Mechanismus der Indexmieten wirkt nur zeitverzögert. Ein Anstieg der Performance blieb bislang aus.

Fraglicher Inflationsschutz bei offenen Immobilienfonds

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Bei Inflationsraten von mehr als 7% haben Anleger große Mühe, den realen Wert ihres Kapitals zu erhalten. In der Werbung bieten offene Immobilienfonds eine „Chance auf Inflationsschutz“, schreibt die DWS im Internet, und auch beim Commerz-Real-Fonds Hausinvest heißt es, die Fonds gelten als „guter Schutz vor Inflation“.

Insgesamt verwalten die Anbieter offener Immobilienfonds 270 Mrd. Euro und haben das Geld in Gewerbeimmobilien vom Büro bis zur Lagerhalle investiert. Aus Sicht der Branche wirkt sich die höhere Inflation mittelfristig positiv auf die Mieterträge aus, weil in der Regel gewerbliche Mietverträge an die Preisentwicklung gekoppelt seien. „Diese höheren Mieteinnahmen führen bei sonst gleichen Bedingungen zu entsprechend höheren Immobilienwerten. Damit partizipiert die Rendite von offenen Immobilienfonds an der Inflationsentwicklung“, sagt Esteban de Lope, Geschäftsführer der Deka Immobilien. Eine hohe Inflation sei prinzipiell gut für den Cashflow.

„Wir sehen aber auch, wie entscheidend geringe Leerstände in den Märkten sind, damit sich Mietwachstum in den Objekten, Stichwort Indexierung, und Mietwachstum am Markt die Waage halten und sich die Objektmieten in diesem Fall nicht zu sehr über den Markt entwickeln“, gibt Thomas Kotyrba, Head of Research bei BNP Paribas REIM Deutschland, zu bedenken. Generell muss die Branche mit strukturell höheren Inflationsraten rechnen, da die EZB angesichts der gegenwärtigen Unsicherheiten mit einer eher moderaten geldpolitischen Kurskorrektur reagieren dürfte.

Bewertungseffekte

„Der Anlagedruck auf Investorenseite sowie die Attraktivität von Sachwertinvestments bleiben langfristig erhalten“, sagt Christian Horf, Vorstand bei Commerz Real. Auch aus seiner Sicht bieten Immobilien einen gewissen Inflationsschutz. „Bei vielen Gewerbeimmobilien ist vertraglich festgelegt, dass sich die Miete laufend um die Höhe der Inflation anpasst. Bei Neuvermietungen werden ohnehin mit der Zeit höhere Mieten vereinbart“, so Horf. Selbst bei Umsatzmieten sei langfristig angesichts inflationsbedingt wachsender Umsätze der Mieter mit einer Steigerung zu rechnen. Union Investment weist außerdem darauf hin, dass eine Indexierung sogar auch eine Aufwertung der Bestandsimmobilien bei der nächsten routinemäßigen Bewertung von externen Sachverständigen auslösen könne.

Die Verbindung von Inflation und Mieterträgen gilt allerdings nur bedingt. Vereinbart ist in der Regel eine zeitversetzte Anpassung der Mieten an die Teuerung. Dieser Zeitverzug hat zur Folge, dass die Performance der Fonds bislang kaum angestiegen ist. Hinzu kommt, dass nach Einschätzung der Ratingagentur Scope die Erhöhung der Mietpreise nur in dem Maße erfolgt, wie es die wirtschaftliche Situation der Mieter zulässt. Vieles hänge also an der künftigen Dynamik und Größenordnung der Inflationsentwicklung, meint Scope und rechnet daher eher mit einer konstanten bis leicht steigenden Entwicklung der Fondsrenditen. Die vom Fondsverband BVI an­gegebene aktuelle Einjahres­performance per Ende April 2022 liegt bei 2,4% nach 2,5% vor einem Jahr. Die Inflation hat sich in dem Zeitraum auf 7,4% mehr als ver­dreifacht.

Folgen der Zinssteigerung

Während die Konstruktion von Immobilienfonds zumindest auf längere Sicht eine höhere Inflation mit Zeitverzug abfedern sollte, hat der Anstieg der Zinsen und damit der Finanzierungskosten geringe Folgen für die Anbieter. „Die Zinssteigerung hat auf unsere Immobilienfonds keine negativen Auswirkungen, da diese eine vergleichsweise geringe Finanzierungsquote von bis zu rund 25% mit relativ langer Zinsbindungsfrist haben“, sagt Esteban de Lope.

Auf der Liquiditätsseite würden die Fonds dagegen profitieren, da rund 15% Liquiditätsquote zu verbesserten Konditionen angelegt werden können. Isabella Chacón Troidl von BNP Paribas ergänzt: „Natürlich ist es so, dass ein steigendes Zinsumfeld die Finanzierungskosten bei den Finanzierungspartnern ansteigen lässt. Der Anstieg ist aber kalkulierbar. Die Herausforderung aktuell ist vor allem die kurze Zeitspanne und Geschwindigkeit des Anstiegs.“ Wenn sich bei Immobilieninvestments Prüfung und Kaufvertragsverhandlungen über mehrere Monate hinziehen, könnten diese nicht genauso gerechnet werden wie in einem Niedrigzinsumfeld.

Denkbar ist durch einen Anstieg der Zinsen aber ein negativer Einfluss auf die Preise. „Eine Gefahr für die Immobilienmärkte in Europa könnte von einem unvorhergesehenen und extrem deutlichen Zinsanstieg ausgehen. Ich halte eine starke Bewertungskorrektur, insbesondere in den Core-Lagen, aber für eher unwahrscheinlich“, so Horf von Commerz Real. Jedoch könnten die steigenden Zinsen dazu führen, dass sich einige Investorengruppen vorübergehend aus dem Immobilienmarkt zurückziehen und das Transaktionsvolumen tendenziell sinke. „Als eigenkapitalstarker Investor haben unsere Immobilien-Publikumsfonds eine relativ überschau­bare Finanzierungsquote. Darüber hinaus läuft jedes Jahr nur ein Teil der Immobilienkredite aus“, heißt es bei Union Investment. Mit einem dramatischen Einbruch der Nachfrage und stark sinkenden Preisen sei nicht zu rechnen. „Stützend für die Mietpreise dürften sich aufgrund der gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise sowie der Lieferengpässe die gestiegenen Baukosten auswirken“, so Union Investment.

Seitwärtsentwicklung

Angesichts des Zinsanstiegs dürften sich die Renditen bei Immobilien in diesem Jahr eher seitwärts bewegen. Und für die Fonds gilt: Mit 2% bis 3% bleiben sie im Vergleich zu den meisten Zinsanlagen trotz höherer Renditen noch attraktiv – auch wenn sie nicht als „Inflationskiller“ taugen, zu dem sie auch schon erklärt wurden.

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