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Globalisierung – war es das?

Amerika macht dem Rest der Welt gerade vor, wie man die Industrie ins eigene Land zurückbringt. Europäische Unternehmen wie die Baustoffkonzern Holcim oder CRH amerikanisieren sich freiwillig, um an die riesigen staatlich finanzierten Infrastrukturprojekte heranzukommen. Aber der Subventionswettbewerb kennt keine echten Sieger, dafür aber klare Verlierer.

Globalisierung – war es das?

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Globalisierung – war es das?

Von Daniel Zulauf

Amerika macht Ernst mit dem "Reshoring", der Rückverlagerung von Produktionsstätten vornehmlich aus Schwellenländern. Der Staat finanziert gigantische Infrastrukturprogramme und lockt Unternehmen mit direkten und indirekten fiskalischen Anreizen, in den USA wieder Fabriken zu bauen. Der Plan scheint zu funktionieren: Zement- und Baustoffkonzerne wie Holcim oder die irische CRH wittern in den USA Wachstumschancen, wie man sie nur einmal im Leben geboten bekommt.

Europäische Firmen amerikanisieren sich – aus gutem Grund. Wer an den mit Steuergeldern finanzierten Investitionsprogrammen partizipieren will, muss bereit sein, die vom Staat erwartete Gegenleistung zu erbringen: Fabriken, Jobs, Know-how und nicht zuletzt Gewinnsteuern. Die USA demonstrieren dem Rest der Welt gerade, wie ein Subventionswettbewerb zu gewinnen ist.

Aber wer kann in diesem Wettbewerb wirklich siegen und wer verliert? ABB-Chef Björn Rosengren sagte vor einem Jahr auf einer Medienkonferenz, die staatlichen US-Programme würden viele Investitionen nach Amerika ziehen. "Es ist deshalb extrem wichtig, dass auch Europa ein attraktives Investitionsprogramm anbietet." Cash ist King. Niedrige Gewinnsteuersätze, wie sie Länder mit geringen Schulden und haushälterischer Fiskalpolitik bis vor wenigen Jahren noch in die Waagschale werfen konnten, sind im derzeitigen Standortwettbewerb nicht mehr kompetitiv.

Unter amerikanischer Federführung haben die OECD, der Club der alten Industrieländer, die internationale Mindestbesteuerung durchgesetzt und den Steuerwettbewerb ausgeschaltet. Reichen Ländern wie der Schweiz bleibt etwas Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Ärmere Staaten wie zum Beispiel Rumänien oder Bulgarien, deren Industrialisierungserfolge ebenfalls auf niedrigen Löhnen, aber vor allem auch auf niedrigen Steuern basieren, könnten sich gezwungen sehen, Standards zum Schutz der Arbeitnehmenden oder der Umwelt zu lockern, um Teil der globalen Werkbank bleiben zu können. Globalisierung? Ein solches Ende wäre tragisch.

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