Düngemittelhersteller

Hoch gepokert und gewonnen

Das Marktumfeld für K+S ist fast ideal. Steigende Nachfrage nach Kalidünger trifft auf ein deutlich gesunkenes Angebot. Das könnte für längere Zeit so bleiben.

Hoch gepokert und gewonnen

Es klingt wie eine rührselige, von Hollywood verfilmte Comeback-Geschichte, in der eine vom Erfolg verwöhnte Person aus irgendwelchen Gründen tief fällt, sich zunächst nicht recht zu helfen weiß, dann aufrappelt und schließlich zu alter Größe wiederfindet. Nur dass es sich hier nicht um einen gestrauchelten Künstler oder Geschäftsmann handelt, sondern um ein Unternehmen: K+S.

Infolge eines Booms der Rohstoffpreise, der sich auch im Wachstum, den Ergebnissen und der Kursentwicklung von K+S niederschlug, war der Bergbaukonzern im September 2008 in den Dax aufgestiegen. Damals kostete die Aktie des Düngemittel- und Salzproduzenten in der Spitze über 90 Euro. Doch danach ging es über viele Jahre fast nur noch bergab, denn auf dem Rohstoffmarkt kam es zu einer Korrektur, die durch den von der Branche zuvor in Angriff genommenen Kapazitätsausbau verstärkt wurde.

Auch K+S hatte das größte Investitionsprojekt in der Firmengeschichte gestartet: Für etwa 3,1 Mrd. Euro wurde in Kanada das Kaliwerk Bethune gebaut, das im Mai 2017 eröffnet wurde. Zu dieser Zeit hatte K+S den Platz im Dax längst eingebüßt. Das entstandene Überangebot auf der Welt an Kaliumchlorid – ein universell einsetzbares mineralisches Düngemittel – führte in den Folgejahren zu einem Preisverfall, der alle früheren Kalkulationen zum Abbau der durch Bethune entstandenen Schulden über den Haufen warf. Dennoch stand K+S zum Leuchtturmprojekt, das in puncto Reserven, Produktionskosten, Marge und Erschließung neuer Märkte Maßstäbe setzen sollte.

Im Herbst 2020 zollte der Vorstand der anhaltenden Schwäche auf dem Kalimarkt schließlich Tribut. Die langfristigen Preisprognosen wurden gesenkt, und es wurde von höheren Kapitalkosten ausgegangen. Das führte zu einer Wertberichtigung von 2 Mrd. Euro. Da der Schuldenberg Ende 2020 noch 3,2 Mrd. Euro hoch war und ein Blick auf das Fälligkeitsprofil von Anleihen, Schuldscheinen und Darlehen offenbarte, dass allein 2021 etwa 835 Mill. und bis einschließlich 2024 insgesamt 2,8 Mrd. Euro zu refinanzieren waren, musste das Management handeln. So verkaufte K+S ihr Salzgeschäft in Nord- und Südamerika für 3,2 Mrd. Dollar an die Industrie-Holding Stone Canyon. Trotz der prekären Lage, in der sich K+S befand und die zu einem hohen Verkaufsdruck führte, beurteilte Vorstandschef Burkhard Lohr den Preis als „sehr ordentlich“. Das nordhessische Unternehmen hatte Glück, dass sich die Investoren seinerzeit fast um Assets prügelten, die verhältnismäßig wenig volatile Erlöse und einen stabilen Cashflow versprachen. Netto flossen K+S umgerechnet 2,6 Mrd. Euro zu, die vollständig zur Reduzierung der Finanzverbindlichkeiten verwendet wurden. So konnten die Nettofinanzschulden bis Ende 2021 auf rund 600 Mill. Euro abgetragen werden.

Andererseits war K+S durch den Verkauf des Salzgeschäftes in Amerika mehr denn je zu einer Wette auf feste Kalipreise geworden. Doch diese ging auf. Schon seit 2020 hatte eine steigende Nachfrage zu festeren Preisen geführt. Inzwischen treibt die Sorge vor ernsten und dauerhaften Lieferengpässen den Markt an, da zwei wichtige Anbieter – Uralkali (Russland) und Belaruskali (Belarus) – für längere Zeit wegzufallen drohen. Der Preis für eine Tonne des Standarddüngers Kaliumchlorid zog von rund 200 Dollar (2020) auf zuletzt 900 Dollar an, was sich in den Ergebnissen von K+S niederschlägt.

Durch diese beiden Effekte – Schuldenabbau und Gewinnanstieg – sank das Verhältnis von Nettoverschuldung zum operativen Ergebnis (Ebitda) per Ende 2021 auf 0,6 (i.V. 7,2). Da CEO Lohr für dieses Jahr mindestens eine Verdoppelung des operativen Ergebnisses sowie eine Versechsfachung des freien Cashflows erwartet und von einer weiteren Senkung des Verschuldungsgrades ausgeht, könnten der Hochstufung durch Standard & Poor’s im letzten Herbst weitere Upgrades folgen.

Anleger, die erwägen, auf den Kurszug aufzuspringen – der Aktienpreis hat sich seit November 2020 auf 24 Euro vervierfacht –, sollten bedenken: K+S agiert derzeit in einem nahezu idealen Marktumfeld. Selbst gegen die steigenden Energiekosten habe man sich für 2022 zu relativ günstigen Preisen abgesichert. Wie sich die Kosten für Öl, Gas oder Strom in den nächsten Monaten und Jahren entwickeln werden, kann derzeit niemand sagen. Der Nachfrageüberschuss auf dem Kalimarkt dürfte aber für längere Zeit Bestand haben. Insofern hat das Management zwar hoch gepokert, als es ganz auf die Kali-Karte setzte, aber gewonnen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.