Derivate

Mehr Anlegerschutz im Future-Handel unumgänglich

Die von der BaFin geplante Einschränkung für den Future-Handel ist unumgänglich. Privatanleger müssen vor potenziell ruinösen Nachschusspflichten geschützt werden.

Mehr Anlegerschutz im Future-Handel unumgänglich

Von Christopher Kalbhenn,

Frankfurt

Der Handel von Terminbörsen-Futures durch Privatanleger steht vor erheblichen Einschränkungen. Denn die BaFin will im Rahmen einer Produktinterventionsmaßnahme den Privatanlegerhandel mit Future-Kontrakten mit Nachschusspflichten untersagen, um sie vor unter Umständen finanziell ruinösen Nachschussforderungen zu schützen. Dazu hat die Finanzaufsicht einen Entwurf vorgelegt, zu dem Betroffene bis zum 17. März Stellung nehmen können.

Future-Kontrakte sind börslich gehandelte standardisierte Vereinbarungen, durch die sich zwei Parteien verpflichten, einen festgelegten Gegenwert etwa eines Finanzinstruments wie einen Aktienindex zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verkaufen bzw. kaufen. Um die Erfüllung sicherzustellen, müssen Handelsteilnehmer einen Mindestbetrag, die sogenannte Initial Margin, bereitstellen, der einen Bruchteil des Kontraktnennwerts beträgt. Idealerweise soll der Betrag des Kapitaleinschusses so hoch sein, dass er Verluste abdeckt, die entstehen, falls eine Position geschlossen werden muss. Bewegt sich der Kurs des Future aus Sicht eines Marktteilnehmers jedoch in einem Ausmaß in die falsche Richtung, dass die wertmäßige negative Differenz die Initial Margin aufzehrt, muss er Nachschusszahlungen leisten, die bei starken Kursveränderungen extreme Höhen annehmen können. Vor rund fünf Jahren hat die BaFin bereits den Handel der ähnlich funktionierenden CFDs mit Nachschusspflichten unterbunden, nicht zuletzt aufgrund des Absturzes des Euro gegen den Schweizer Franken im Januar 2015, als Broker die Positionen ihrer Kunden zwangsweise liquidierten und diese zum Teil extrem hohe Nachschusszahlungen leisten mussten. Warum handelt die BaFin in Bezug auf Future-Kontrakte erst jetzt?

Aufsicht ist beunruhigt

Ein Blick in den Entwurf der Produktinterventionsmaßnahme zeigt, dass die BaFin über Marktveränderungen der jüngeren Vergangenheit beunruhigt ist, und in der Tat zeigen diese Veränderungen, dass die Aufsicht handeln muss. So haben Terminbörsen verstärkt Mini- und Micro-Futures lanciert, die kleinere Nennwerte haben. Die Eurex etwa hat 2021 Jahr einen Micro-Dax-Future lanciert. Während der Dax-Future eine Kontraktgröße von 25 Euro pro Indexpunkt und bei einem Stand von 16000 Zählern einen Nennwert von 400000 Euro hat, betragen Kontraktgröße und Nennwert des Micro-Futures 1 Euro pro Punkt und 16000 Euro. Bei diesem Kontrakt, den die Eurex explizit als für Privatanleger geeignet bezeichnet, beschränkt sich die Initial Margin auf etwas mehr als 1200 Euro.

Im Rahmen einer Marktuntersuchung bei wichtigen Intermediären in Deutschland (Privatanleger können nicht direkt an Terminbörsen handeln), die zwischen Juli 2019 und Juni 2020 durchgeführt wurde, hat die BaFin festgestellt, dass Futures von den Intermediären vor allem seit der Beschränkung des CFD-Handels bei Kleinanlegern beworben werden. Zudem werden dabei ­Partner bzw. Affiliate-Marketing zur Neukundengewinnung eingesetzt. Im Fokus der Affiliate-Werbenden, so die BaFin, stünden regelmäßig ­Privatanleger, die nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen mit Termingeschäften verfügten.

Selten werde dabei auf das Risiko von Nachschusspflichten hingewiesen bzw. die Darstellung von Risiken sei unzureichend. Aktiv beworben würden Mini- und Micro-Futures, deren Eignung für Kleinanleger werde regelmäßig hervorgehoben. Es werde ein Bild gezeichnet, welches insbesondere die Vorteile für den Anleger beim Futures-Handel herausstelle und diesen unter Berücksichtigung der Markt- und Produktentwicklung von Mini- und Micro-Futures gerade für den Kleinanleger als Investitionsalternative attraktiv machen solle. Damit gehe jedoch die Gefahr einher, dass das produktimmanente und unbegrenzte Verlustrisiko gerade von dieser weniger erfahrenen Kundengruppe regelmäßig übersehen oder unterschätzt wird. Aufgrund dieser Verkaufspraktiken sei nach Ansicht der BaFin davon auszugehen, dass die Anzahl der Kleinanleger, die Futures mit Nachschusspflicht handeln und damit auch potenziell mehr als ihr investiertes Kapital verlieren könnten, steigen werde.

Zunehmende Nachfrage

Laut der Marktuntersuchung der BaFin betrug das Futures-Handelsvolumen von Kleinanlegern bei den befragten Intermediären im Zeitraum der Befragung rund 20 Mrd. Euro pro Quartal. Sowohl das Handelsvolumen von Kleinanlegern als auch die Anzahl der aktiv Futures handelnden Kleinanleger ist der Aufsicht zufolge in den letzten Jahren gestiegen. Im Beobachtungszeitraum Juli 2019 bis Juni 2020 stieg die Zahl der aktiven Kleinanleger und ihr Future-Handelsvolumen um rund 15%, und Intermediäre erwarten der BaFin zufolge ein weiteres Wachstum, wozu eben die Mini- und Micro-Futures beitragen. Zwar wurde im Beobachtungszeitraum nach Angaben der Intermediäre eine niedrige Zahl von Anlegern zu Nachschusszahlungen verpflichtet. Teilweise habe es sich jedoch um sechsstellige Beträge gehandelt.

Allerdings konzediert die BaFin, dass einige Anbieter Schutzmechanismen etabliert haben. So schließe ein Anbieter eine Nachschusspflicht für Kleinanleger im Future-Handel aus. Es handelt sich dabei um die FXFlat, die am Mittwoch erklärte, dass sie den Futures-Handel ohne Nachschusspflicht vor drei Jahren eingeführt habe und das von der BaFin geplante Verbot begrüße.

Einige Anbieter verlangen der BaFin zufolge von ihren Kunden höhere Einschüsse als die von der Terminbörse verlangte Initial Margin, um das Nachschussrisiko zu reduzieren. Allerdings gebe es keine dahingehende Markthomogenität.

Ein Markteingriff wie das von der BaFin geplante Verbot hat allerdings auch Schattenseiten. Denn es geht zulasten erfahrener Privatanleger, die wissen, wie man mit Futures umgehen muss, die Risiken kennen, sich über Optionen absichern und ihre Positionen ständig im Blick haben, um umgehend zu handeln, falls der Markt gegen sie läuft. Es handelt sich aber um eine eher kleine Anzahl von ­An­legern. Letztlich muss die BaFin eine Güterabwägung vornehmen, und da hat der Schutz des „normalen“ ­Privatanlegers vor potenziell ruinösen Folgen des Future-Handels Vorrang.

Dax-Kontrakte imVergleich
in Euro
KontraktKontraktgröße Kontraktgegenwert
Dax-Future25400 000
Mini-Dax-Future580 000
Micro-Dax-Future116 000
*) Angaben bei Dax-Stand von 16 000 PunktenQuelle: BaFinBörsen-Zeitung
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