Im BlickfeldGesetzesausblick 2024

Neue Gesetze für den Finanzmarkt

Vieles bei der neuen Finanzmarktgesetzgebung 2024 kommt aus Europa. Hierzulande ist das Zukunftsfinanzierungsgesetz im alten Jahr abgeschlossen. Es soll privates Kapital mobilisieren.

Neue Gesetze für den Finanzmarkt

Im Blickfeld

Neue Gesetze für den Finanzmarkt

Die Agenda ist gut gefüllt für 2024 – Vieles kommt aus Europa

Von Angela Wefers, Berlin

Mehr privates Kapital will die Ampel-Regierung in Berlin mobilisieren, die Aktienkultur stärken und den Start-up-Standort stärken. Diesen Zielen ist sie 2023 mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz näher gerückt. Mitte Dezember wurde die Novelle im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit ist das Vorhaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann (beide FDP) in weiten Teilen in Kraft getreten. Einzelne Regelungen werden schon zum Jahresbeginn 2024 gültig. Börsengänge sind nun mit geringerem Kapital möglich, die regulatorischen Anforderungen einfacher. Das umstrittene Mehrstimmenrecht soll es Gründern erleichtern, den Schritt an die Börse zu wagen. Die Digitalisierung hält Einzug mit der Möglichkeit, elektronische Aktien zu begeben. Bei Anleihen geht das bereits. Bei der Verwahrung von Kryptowerten gelten neue Sicherheitsvorschriften. Start-ups sollen attraktiver sein, indem der Freibetrag für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung ausgeweitet und die Dry-Income-Problematik entschärft wurde. Die Eckpunkte aus dem Sommer 2022 waren dazu jedoch deutlich großzügiger angelegt als im Gesetzesbeschluss. Dafür weitet der Gesetzgeber die Arbeitnehmersparzulage auf höhere Einkommensgruppen aus.

Fondsbranche vertröstet

Die Fondsbranche muss auf das neue Jahr hoffen. Investments in Solaranlagen auf Gewerbeimmobilien sowie in Grundstücke mit Anlagen für erneuerbare Energien, etwa Windräder, sollten Kapitalanlagegesellschaften aufsichtsrechtlich ermöglicht werden. Allein fehlt dazu die steuerliche Flankierung, ohne die solche Investments Theorie bleiben. Dies soll jetzt voraussichtlich mit dem Jahressteuergesetz 2024 kommen.

Offen sind auch noch weitere steuerliche Regelungen, die es nicht einmal von den Eckpunkten in den Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes geschafft hatten: steuerliche Anreize für die Aktienanlage. Dazu sollte für Privatvermögen ein Teil der Veräußerungsgewinne aus Aktien und Aktienfondsanteilen über einen Freibetrag steuerfrei gestellt werden. Diese Pläne stoßen in der Ampel-Koalition bei SPD und Grünen auf Widerstand. Lindner hatte angekündigt, das Thema zusammen mit der Reform der Altersvorsorge wiederzubeleben. Zu letzterem Punkt hat die Koalition sich noch einiges vorgenommen.

Anschub für Altersvorsorge

Gleich in drei Feldern der Altersvorsorge gibt es Reformpläne: in der gesetzlichen Rente, der betrieblichen und der privaten Vorsorge. Das von der FDP vorangetriebene Generationenkapital kam 2023 nicht mehr. Mit der Nachverhandlung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner zum Etat 2024 ist das Generationenkapital aber dezidiert weiter auf der Liste und wurde nicht geopfert. Die kreditfinanzierten Mittel, die im Gegenzug als Vermögen des Bundes gebucht werden, sind als durchlaufender Posten und für die Schuldenbremse neutral. Das Generationenkapital soll in jährlichen Schritten von rund 10 Mrd. Euro in einer Bundesstiftung aufgebaut und am Kapitalmarkt professionell angelegt werden. Von 2036 an sollen jährliche Ausschüttungen von rund 10 Mrd. Euro die gesetzliche Rentenversicherung entlasten. Die dafür nötige Rendite soll vorerst der Staatsfonds Kenfo liefern, der auch die Mittel für die kerntechnische Entsorgung verwaltet und investiert. Hand in Hand soll die Reform gehen mit Neuregelungen bei der gesetzlichen Rente, die in der Verantwortung von Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) liegen. Die Vorbereitungen dazu in der Regierung sind weit gediehen.

Für 2024 steht auch die Reform der privaten Altersvorsorge auf der Agenda. Eine Fokusgruppe aus Experten und Praktikern hatte dazu im alten Jahr in einem Bericht Schritte für höhere Renditen, geringere Kosten und mehr Transparenz empfohlen. Das Bundesfinanzministerium arbeitet an der Umsetzung. Das Manko der stetigen Garantien auf die eingezahlten Beiträge bei der Riester-Rente soll beseitigt werden. Die Fokusgruppe hatte empfohlen, ein Altersvorsorgedepot ohne Garantien zu fördern. Auch bei der Förderung von versicherungsartigen Produkten soll die Zusage der Beitragserhaltung nicht mehr verpflichtend sein. Geringere Kosten und mehr Transparenz will die Fokusgruppe durch standardisierte Produkte und mehr Wettbewerb zwischen den Anbietern erreichen. Die Umsetzung steht für 2024 auf dem Plan, wie auch Anpassungen bei der betrieblichen Vorsorge. Dazu könnte das Sozialpartnermodell für nichttarifgebundene Dritte geöffnet und somit verbreitert werden. Zudem gibt es Überlegungen, Geringverdiener steuerlich stärker zu fördern sowie aufsichtsrechtlich höhere Renditen zu ermöglichen, etwa durch die Anpassung der Bedeckungsvorschriften.

Kreditzweitmärkte geordnet

In der nationalen Finanzmarktgesetzgebung steht einiges vor dem Abschluss oder hat es kurz vor dem Jahresende noch geschafft. In seiner letzten Sitzung 2023 im Dezember billigte der Bundesrat das Kreditzweitmarktgesetz. Umgesetzt wird damit die EU-Kreditdienstleisterrichtlinie. Geschaffen wurde ein einheitlicher Rahmen in Europa für den Ankauf notleidender Kredite. Zudem werden die Kreditzweitmärkte in einheitliche, geordnete Bahnen gebracht. Die Aufsicht über die Kreditdienstleister liegt nun bei der Finanzaufsicht BaFin, die 2024 die erforderlichen Strukturen aufbauen kann.

Bezüglich des Kreditgeschäfts gibt es Pläne im Finanzministerium, die Banken und Sparkassen eher weniger gefallen dürften: Noch in dieser Legislaturperiode sollen zeitnah einkommensbasierte makroprudenzielle Instrumente gesetzlich eingeführt werden. Dabei geht es um Obergrenzen für Zins und Tilgung aller Kreditverträge im Verhältnis zum Einkommen des Darlehensnehmers. Neben dieser Schuldendienstfähigkeit ist die Gesamtverschuldung-Einkommens-Relation eine zweite makroprudenzielle Größe. Dazu werden zusätzlich zur Tilgung noch alle Verbindlichkeiten in Relation zum Einkommen eines Kreditnehmers in den Blick genommen.

Abgeschlossen werden soll noch im ersten Quartal das Gesetzgebungsverfahren zum Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG). Der Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität soll hierzulande effektiver werden. Ein neues Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) soll dafür sorgen – und 2024 errichtet werden. Inwieweit sich die engere Haushaltsplanung im nächsten Jahr auf diesen kostspieligen Schritt auswirkt, muss sich noch weisen. Mit diesem Gesetz sollen auch Geldwäscheaufsicht und Sanktionen verschärft werden. Zudem soll ein Immobilientransparenzregister eingerichtet werden. In Europa geht es in Trilogverhandlungen zum Kampf gegen Geldwäsche 2024 nicht nur um die einheitliche Ausgestaltung der Regeln, sondern auch um den Sitz der europäischen Antigeldwäschebehörde AMLA. Die Bundesregierung ist mit einer Bewerbung für Frankfurt als Sitz ins Rennen gegangen. Acht weitere Länder buhlen ebenfalls um die Behörde.

Anfang 2024 ist auch das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz auf der Agenda. Damit wird eine Reihe von EU-Verordnungen zur Finanzinfrastruktur umgesetzt: Mica/Markets in Crypto Assets, EU-Geldtransferverordnung und Dora/Digital Operational Resilience Act. Mit Mica wird der deutsche Regelungsrahmen für Kryptowerte abgelöst. Die EU-Geldtransferverordnung wird auf den Transfer von Kryptowerten ausgeweitet. Bei Dora geht es um die Sicherheit von Informations- und Kommunikationstechnologien.

Europawahl bremst EU-Vorhaben

Durch die Europawahl werden 2024 die EU-Vorhaben gebremst. Sie dürften erst mit der neuen Legislaturperiode in Brüssel wieder Fahrt aufnehmen. Zur Vollendung der Bankenunion soll der Krisenmanagementrahmen für Banken (CMDI Review) weiterentwickelt werden. Deutschland will die Regeln gezielt verbessern, aber die nationale Institutssicherung sowie die primäre Haftung von Anteilseignern und Gläubigern einer Bank beibehalten. Abgeschlossen wurden 2023 der Trilog zu Daisy Chains, der Abwicklungsplanung innerhalb von Konzernstrukturen, sowie das Bankenpaket zu Basel III. Die Umsetzung dazu dürfte hierzulande in die zweite Jahreshälfte 2024 fallen. In der Assekuranz steht die Umsetzung von Solvency II und des Vorschlags für ein Sanierungs- und Abwicklungsregime an.

Vollendung der Kapitalmarktunion

Die Vollendung der Kapitalmarktunion hat für Deutschland besondere Bedeutung. Zusammen mit Paris hatte Berlin im September dazu Vorschläge vorgelegt. Wichtig für die Kapitalmarktunion sind die EU-Kleinanlegerstrategie, der EU Listing Act für verbesserten Marktzugang von Unternehmen, neue Regelungen für Clearing (Emir) sowie für Benchmarks (BMR), die Harmonisierung des Insolvenzrechts sowie der Vorschlag einer einfacheren Quellensteuererstattung bei grenzüberschreitenden Investitionen. Schon absehbar ist hierzulande die Umsetzung der abgeschlossenen Legislativ-Vorhaben: die bessere Datenverfügbarkeit für Investoren (ESAP), die Verbesserung der Marktinfrastruktur (Mifir Review), die revidierten Regeln für alternative Investmentfonds (AIFMD) und die effizientere Wertpapierabwicklung durch Zentralverwahrer (CSDR Refit).

Wichtige längerfristige Themen in Europa bleiben aus deutscher Sicht die Verhandlungen zum digitalen Euro, zum Bargeld als gesetzlichem Zahlungsmittel, zu den Regeln für Zahlungsdienste (PSD2 Review) sowie zum Zugang zu Finanzdaten (FIDA). Auch bei Sustainable Finance ruhen die Verhandlungen nicht: Abgeschlossen wurde der EU Green Bond Standard. In die EU-Taxonomie wurden weitere Umweltziele sowie Wirtschaftstätigkeiten – Automobilzulieferer und Luftfahrt – aufgenommen. Der Regulierungsrahmen für ESG-Ratings wird 2024 weiter verhandelt werden. National steht die Umsetzung der Regeln zur Nachhaltigkeitsberichterstattung an.

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