Ölembargo

Riskantes Manöver

Nicht nur die Lieferung von Panzern droht unkontrollierbare Reaktionen Russlands auszulösen. Dasselbe gilt für Sanktionen, wie am Beispiel eines Ölembargos deutlich werden könnte.

Riskantes Manöver

Im Wirtschaftskrieg zur Abwehr des russischen Angriffs auf die Ukraine steigt der Einsatz Deutschlands von Tag zu Tag. Nicht nur die Lieferung von Panzern droht unkontrollierbare Reaktionen Russlands auszulösen. Dasselbe gilt für Sanktionen. Als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor einigen Wochen auf Basis der Außenwirtschaftsverordnung die Gasspeicher und Gasnetze der Deutschland-Tochter Gazprom Germania des russischen Staatskonzerns unter die Treuhandschaft der Bundesnetzagentur stellte, da drohte Präsident Wladimir Putin bereits mit Retourkutschen. Diese könnten milliardenschwere Beteiligungen westlicher Konzerne an russischen Gasfeldern betreffen.

Jetzt zeichnet sich der nächste Eskalationsschritt ab. Beim geplanten Ölembargo der EU gegen Russland deutet sich zwar kein gemeinsames Vorgehen aller EU-Staaten an. Doch Deutschland wird zu den Teilnehmern des Boykotts zählen. Der Anteil des aus Russland importierten Öls am gesamten Verbrauch hierzulande ist zwar seit Kriegsbeginn bereits von 35 % auf absehbar 12 % gesenkt worden. Doch würden bei einem Embargo die Ölpreise zweifellos weiter steigen – was den Druck auf Betriebe und Verbraucher nochmals erhöhen würde. Insbesondere für die energieintensive Industrie sowie Logistikunternehmen würde das Geschäft damit unrentabler.

Darüber hinaus geht mit dem Boykott ein weiteres ernsthaftes Problem einher. Die Raffinerie des staatlichen russischen Ölkonzerns RosneftPCK in Schwedt an der Oder, an der der britische Ölkonzern Shell nur eine Minderheit hält, ist der entscheidende Kraftstoffversorger für die gesamte Region Berlin und Brandenburg. Die Raffinerie bezieht ihr Öl zu nahezu 100 % über die Pipeline „Druschba“ (Freundschaft) aus Russland.

Sollte das Ölembargo in Kraft treten, wird der Eigentümer Rosneft kein Interesse daran haben, den Betrieb mit Öl aus Kasachstan, den USA oder England aufrechtzuerhalten. Der einzige Weg, den Weiterbetrieb zu sichern, könnte dann die Enteignung und Verstaatlichung der Raffinerie sein. Dieses Mal ginge es nicht um eine zeitlich begrenzte Treuhandschaft wie bei Gazprom Germania, sondern um echte Verstaatlichung auf Basis des neuen Enteignungsgesetzes, das gerade im Eiltempo durch den Bundestag gebracht wird.

Wie die russische Regierung darauf reagieren würde, ist offen. Fest steht, dass Sanktionen den Druck mindestens ebenso stark erhöhen können wie schwere Waffen. Zu hoffen ist, dass dies zur Besinnung führt anstatt zu neuer Eskalation.

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