KommentarVertragsverlängerung für Zipse

Außergewöhnlicher Schritt von BMW

Bei der Vertragsverlängerung von BMW-CEO Oliver Zipse geht der Aufsichtsrat des Autobauers mit Blick auf die Altersgrenze von 60 Jahren einen ungewöhnlichen Schritt. Dafür gibt es Gründe.

Außergewöhnlicher Schritt von BMW

Kommentar

Außergewöhnlicher Schritt von BMW

Von Stefan Kroneck

Es kommt selten vor, dass BMW von ihrer Regel zur Altersgrenze von 60 Jahren für Vorstandsmitglieder abweicht. Wird diese Schwelle erreicht, müssen die Amtsinhaber einer jüngeren Führungskraft Platz machen. So sehen es die BMW-Statuten vor. Ausnahmen davon lassen sich beim Münchner Autobauer an einer Hand abzählen. Daher lässt die Entscheidung des Aufsichtsrats, den Vertrag von Vorstandschef Oliver Zipse vorzeitig um zwei Jahre bis August 2026 zu verlängern, aufhorchen. Der CEO wäre zu diesem Zeitpunkt 62 Jahre alt. Im Februar kommenden Jahres wird er 60.

Vor diesem Hintergrund geht das Kontrollgremium unter Leitung von Ex-CEO Norbert Reithofer einen außergewöhnlichen Schritt. Denn Vertragsverlängerungen in diesem Umfang für in die Jahre kommende Vorstandsvorsitzende sind bei dem traditionsreichen weiß-blauen Dax-Mitglied seit einigen Jahrzehnten nicht vorgekommen. Unter der Regie des derzeitigen Chefaufsehers konnten zuvor lediglich die Finanzvorstände Friedrich Eichiner (bis Anfang 2017) und Nicolas Peter (bis April 2023) etwas länger bleiben, nachdem diese die Altersgrenze überschritten hatten.

Nachfolgeregelung vertagt

Im Fall von Zipse hat sich der Aufsichtsrat implizit dafür entschieden, eine Nachfolgeregelung zu vertagen. Was sind die Gründe? Es gibt schließlich genügend hausinterne Kandidaten, die das Rüstzeug haben, ihn an der BMW-Spitze nach Ablauf seines bisherigen Vertrags im August 2024 zu beerben. Als ein solcher gilt zum Beispiel Produktionsvorstand Milan Nedeljković. BMW besetzt freiwerdende CEO-Posten in der Regel mit hauseigenen Spitzenkräften aus der Fertigung.

Der Entschluss, die Ära Zipse über die Mitte der Dekade hinaus fortzusetzen, beruht vermutlich darauf, dass sowohl die Kapital- als auch die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat in einer allgemein angespannten Zeit auf Nummer sicher gehen wollen. Reithofers Statement nach der ordentlichen Gremiumssitzung lässt darauf schließen, dass die Aufseher Zipse zutrauen, eine kritische Phase der Transformation zur Elektromobilität und zum autonomen Fahren in geordneten Bahnen zu bewältigen. Alternativ wäre man das Risiko eingegangen, mittendrin den CEO auszuwechseln.

Für die Einarbeitungsphase, die eine neue Konzernspitze braucht, hat der Aufsichtsrat derzeit keine Geduld. BMW steht kurz vor der Markteinführung einer frischen Fahrzeuggeneration, die Tesla & Co. Paroli bieten soll. Eine Neusortierung der Konzernführung könnte in dieser wichtigen Phase bremsend wirken. Reithofer und die beiden Großaktionäre Stefan Quandt und Susanne Klatten schaffen daher lieber vorab Klarheit.

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