Bruch des Minsker Abkommens

EU-Kommission will weitreichende Sanktionen gegen Russland

Nach der Ankündigung von Russlands Präsident Wladimir Putin, Truppen in die Ost-Ukraine zu entsenden, reagiert die EU. Bundeskanzler Olaf Scholz legt die Zertifizierung von Nord Stream 2 auf Eis.

EU-Kommission will weitreichende Sanktionen gegen Russland

Vor dem Hintergrund des eskalierenden Russland-Ukraine-Konflikts stoppt die deutsche Bundesregierung das Genehmigungsverfahren für die russisch-deutsche Erdgasleitung Nord Stream 2 bis auf Weiteres. „Die Lage ist heute eine grundlegend andere“, sagte Scholz nach einem Treffen mit Irlands Ministerpräsidenten Micheál Martin. Angesichts der jüngsten Entwicklungen müsse die Lage neu bewertet werden – „übrigens auch im Hinblick auf Nord Stream 2“. Er habe das Wirtschaftsministerium gebeten, den bestehenden Bericht zur Analyse der Versorgungssicherheit bei der Bundesnetzagentur zurückzuziehen, sagte Scholz. „Das klingt zwar technisch, ist aber der nötige verwaltungsrechtliche Schritt, damit jetzt keine Zertifizierung der Pipeline erfolgen kann.“ Ohne diese Zertifizierung könne Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen, betonte Scholz.

Als Antwort auf die Anerkennung der von prorussischem Separatisten kontrollierten Gebiete in der Ostukraine durch Russland ist nach Angaben von Scholz ein schnelles, entschiedenes und mit den USA abgestimmtes Sanktionspaket der Europäer nötig. Scholz sagte, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und er an dem Normandie-Format festhalten wollten, das über eine Friedenslösung für die Ostukraine verhandeln soll. Der Kanzler warf Russlands Präsident Wladimir Putin einen „schwerwiegenden Bruch des Völkerrechts“ und vieler völkerrechtlicher Vereinbarungen vor, die Moskau in den vergangenen 50 Jahren selbst geschlossen habe.

Auch die EU-Kommission hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unerwartet weitreichende Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen. Ein am Dienstag den Mitgliedstaaten präsentierter Entwurf sieht Angaben von Diplomaten zufolge vor, den Handel mit russischen Staatsanleihen zu verbieten, um eine Refinanzierung des russischen Staats zu erschweren.

Zudem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste kommen. Darunter wären rund 350 Abgeordnete des russischen Parlaments, die für die russische Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine gestimmt haben, aber auch Banken, die in der Ostukraine Geschäfte machen. Auch sollen die Freihandelsregelungen der EU mit der Ukraine nicht mehr für die Gebiete in der Ostukraine gelten.

Energiesektor und Hightech-Technologie noch nicht betroffen

Von Personen, Organisationen und Unternehmen, die auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen und mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden. An den Beratungen beteiligte Personen betonten, dass das volle Arsenal der Sanktionsmöglichkeiten noch nicht genutzt werde. Sanktionen zum Beispiel gegen den russischen Energiesektor und Ausfuhrverbote für Hightech-Technologie sind für den Fall vorbereitet worden, dass Russland einen Angriff auf die ganze Ukraine startet. Auch Kremlchef Wladimir Putin wird voraussichtlich noch nicht auf die EU-Sanktionsliste kommen. Beschlossen werden müssen alle Sanktionen letztlich vom EU-Ministerrat. Die Entscheidung kann auch im schriftlichen Verfahren erfolgen. Über das genaue Vorgehen werden sich voraussichtlich die Außenminister bei einem Sondertreffen noch an diesem Dienstag in Paris abstimmen.

Unterdessen lässt das russische Präsidialamt offen, ob bereits russische Soldaten in die beiden Separatisten-Gebiete in der Ost-Ukraine eingerückt sind. Er habe darüber keine Informationen, sagt Dmitri Peskow, der Sprecher des Präsidialamtes, vor der Presse. Die Entscheidung über eine Entsendung von Soldaten hänge von der Entwicklung ab.

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