Cum-ex

Hanno Berger wird ausgeliefert

Hanno Berger muss sich wegen seiner Beteiligung am Cum-ex-Komplex vor Gericht verantworten. Mehrere Staatsanwaltschaften werfen dem Steueranwalt vor, das Modell mitentwickelt zu haben.

Hanno Berger wird ausgeliefert

Der als Architekt der Cum-ex-Geschäfte durch schwerreiche Privatkunden geltende Steueranwalt Hanno Berger wird sich bald vor der deutschen Justiz verantworten müssen. Wie am Dienstag bekannt wurde, hat das Schweizer Bundesamt für Justiz habe die Auslieferung von Steuerrechtsanwalt Hanno Berger bewilligt. Nach Angaben einer Sprecherin des NRW-Justizministeriums sind die Rechtsmittel ausgeschöpft.

Sowohl die hessische als auch nordrhein-westfälische Justiz hatten die Auslieferung des deutschen Anwalts beantragt. Beiden Begehren ist nach Angaben der Sprecherin nun stattgegeben. Man rechne mit einer schnellen Überstellung des Beschuldigten. Das Schweizer Bundesamt äußerte sich zunächst nicht zu dem Fall. Aus Sicherheitsgründen informiere man nie vor dem Vollzug einer Auslieferung.

Berger, der zunächst in der Frankfurter Finanzbehörde Karriere gemacht hat, gilt als einer der Strippenzieher im Cum-ex-Skandal. Zunächst als Partner der mittlerweile insolventen US-Kanzlei Dewey &LeBoeuf, von 2010 an mit der eigenen Kanzlei Berger Steck & Kollegen beriet er Banken, verfasste Gutachten, die die Praktiken dem Schein nach legitimierten, und vermittelte reiche Privatinvestoren an Cum-ex-Fonds mehrerer Finanzdienstleister.

Er gehört zu den Angeklagten im Cum-ex-Strafprozess am Landgericht Wiesbaden (Az. 6 KLs – 1111 Js 27125/12). Das Verfahren gegen Berger, in dem es um 61 Cum-ex-Transaktionen geht, die von der HVB zwischen 2006 und 2008 für das Family Office des verstorbenen Immobilieninvestors Rafael Roth umgesetzt wurde, ist abgetrennt worden, weil Berger nicht vor Gericht erschien.

Auch das Landgericht Bonn hat bereits vor einem Jahr ein Verfahren gegen den 71-Jährigen eröffnet (Az. 62 KLs 2/20). Die Staatsanwaltschaft Köln wirft Berger besonders schwere Steuerhinterziehung in drei Fällen vor, bei denen ein Schaden für die Staatskasse von 278 Mill. Euro entstanden sein soll. Es geht um Cum-ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank M.M. Warburg, die bereits in den abgeschlossenen drei Cum-ex-Strafprozessen in Bonn Thema waren. Berger soll laut den dort vernommenen Zeugen die Geschäfte an Warburg herangetragen und eingefädelt haben.

Der aus Nordhessen stammende Berger lebt seit mehreren Jahren in der Schweiz. Er war dorthin Ende 2012 geflüchtet, als er von einer Razzia in seiner Kanzlei erfahren hatte. Seit seiner Festnahme im Kanton Graubünden im vergangenen Sommer sitzt er in Auslieferungshaft. Seine Beschwerden gegen eine Auslieferung nach Deutschland sind jetzt jedoch von mehreren Instanzen abgelehnt worden. Berger und sein Anwalt argumentieren unter anderem, dass die ihm vorgeworfenen Delikte in der Schweiz nicht strafbar gewesen wären.

Das hatte das Schweizer Bundesstrafgericht zurückgewiesen. „Es kann offensichtlich nicht richtig sein, dass eine einbehaltene Steuer zweimal ausgezahlt wird“, argumentiert das Gericht. Das Vorgehen sei als arglistig zu bezeichnen. Bei Cum-Ex-Geschäften schoben Banken und andere Finanzakteure Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch unter Einbeziehung von Leerverkäufern rund um den Dividendenstichtag hin und her. Der Gesamtschaden für den deutschen Fiskus ist immer noch nicht klar. Er soll bei mindestens 12 Mrd. Euro liegen, könnte aber auch drei Mal so hoch ausgefallen sein.

Unterdessen gehen in Köln die Ermittlungen zu weiteren Steuerhinterziehungsmodellen voran. NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hat in einem Interview mit der FAZ (Dienstagausgabe) darauf hingewiesen, dass auch mit anderen Handelsstrategien ausschließlich Steuergewinne erzielt worden seien. Es gebe starke Verdachtsmomente, dass Cum-ex nur die Spitze des Eisbergs gewesen sei.

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