Vorstandsvergütung

Bei Delivery Hero greift der Cap erst später

Das neue Vergütungssystem des Essenslieferanten, über das die Aktionäre Mitte Juni abstimmen, gilt ab Anfang 2022 auch für Altverträge. Es gibt aber eine Ausnahme: die Maximalvergütung.

Bei Delivery Hero greift der Cap erst später

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Der Essenslieferdienst Delivery Hero legt seinen Aktionären ein neues Vergütungssystem für den Vorstand vor. Wie aus der Einladung zur Hauptversammlung hervorgeht, gelten die Regelungen nicht nur für Dienstverträge, die nach Ablauf von zwei Monaten nach Billigung durch die Anteilseigner geschlossen, geändert oder verlängert werden. Auch Altverträge werden einbezogen, und zwar ab Jahresanfang 2022. Es gibt aber eine Ausnahme: die Maximalvergütung.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Aufsichtsrat die Verträge von CEO und Mitgründer Niklas Östberg und Finanzvorstand Emmanuel Thomassin erst Anfang Mai um vier Jahre verlängert hat. Sie laufen nun bis 30. April 2026. Zudem wurde der bisher mit zwei Personen vergleichsweise knapp besetzte Vorstand mit sofortiger Wirkung um Chief Operating Officer (COO) Pieter-Jan Vandepitte aufgestockt. Der 1977 geborene Vandepitte wurde mit einem Fünfjahresvertrag bis ebenfalls Ende April 2026 ausgestattet. Für das Trio greift der neue Vergütungscap also vorerst nicht. Dieser liegt bei 12 Mill. Euro im Jahr für den Chef und 9 Mill. Euro für die anderen Vorstände.

Östberg und Thomassin haben im vergangenen Jahr fürstliche Vergütungen erhalten. Dem CEO flossen 45,7 Mill. Euro zu, geht aus dem Geschäftsbericht hervor. Unter den Vorstandschefs der Dax-Unternehmen kam nur Linde-CEO Steve Angel auf einen höheren Betrag. Thomassin flossen 13,4 Mill. Euro zu.

Die hohen Beträge für die beiden Spitzenmanager von Delivery Hero gehen auf die mehrjährige variable Vergütung zurück. Vor allem ihren Mitgründer Östberg hat Delivery Hero mit üppigen Aktienoptionen ausgestattet. Das Grundgehalt fällt dagegen mit jeweils 350000 Euro für Dax-Verhältnisse niedrig aus.

Start-up-Kultur

Das neue Vergütungssystem sieht einen Fixbetrag vor, der zwischen 5 und 30% der Ziel-Gesamtvergütung ausmacht. Nachhaltigkeitsziele fließen über das kurzfristige Anreizsystem mit einem Anteil von 2 bis 10% des Zielbetrags ein. Der Großteil der Vergütung entfällt mit 60 bis 90% auf langfristige Aktienoptionen. „Als Unternehmen mit einer ausgeprägten Start-up-Kultur soll ein starker Leistungsbezug gegeben sein“, heißt es in der Beschreibung des Vergütungssystems. Der Shareholder Value solle im Vordergrund stehen. Voraussetzung für die Ausübung ist ein durchschnittliches Umsatzwachstum von mindestens 20% im Jahr – eine Rate, die in vergangenen Jahren weit übertroffen wurde.

Interessant wird sein, wie sich die Aktionäre zu dem neuen Vergütungssystem stellen, das auf der für 16. Ju­ni angesetzten Hauptversammlung zur Abstimmung steht. Bei vergleichbaren Unternehmen wie Zalando und Hellofresh ist das jeweilige Entgeltmodell in Teilen des Aktionariats auf Ablehnung gestoßen. Das vom Kochbox-Versender Hellofresh vorgeschlagene Modell fiel sogar durch – 54,4% stimmten mit Nein. Bei den drei Unternehmen handelt es sich um erfolgreiche Start-ups aus Berlin, die im Internet ein plattformbasiertes Konsumentengeschäft aufgebaut haben. Delivery Hero hat den Sprung in den Dax bereits geschafft, Zalando und Hellofresh dürften demnächst mit der Erweiterung auf 40 Indexmitglieder folgen.

Beim Online-Modehändler Zalando votierten 27,7% der abgegebenen Stimmen gegen das Vergütungssystem. Zu den Vorbehalten unter Investoren könnte die sehr hohe Entlohnung für 2020 beigetragen haben: Dem inzwischen ausgeschiedenen Co-CEO Rubin Ritter flossen 53,3 Mill. Euro zu, den beiden anderen Co-CEOs Robert Gentz und David Schneider jeweils 40,5 Mill. Euro.

Größte Aktionäre von Delivery Hero sind Naspers aus Südafrika mit knapp einem Viertel der Aktien und der schottische Assetmanager Ballie Gifford mit 9,0%. Mit Blick auf die hohe 2020er Vergütung hat Östberg unlängst in einem Interview klargestellt, dass die Aktienoptionen aus einem vor sieben Jahren aufgelegten Vergütungsprogramm stammten. Damals seien die Optionen kaum etwas wert gewesen. Delivery Hero habe ihm mehrere hunderttausend Euro als Gehalt gezahlt. Der Rest seien Optionen. Diese hätten auch null Euro wert sein können.