Bundesliga

Bei der Eintracht brennt die Luft

Aufgrund von Dissonanzen zwischen Aufsichtsrat und Vorstand von Eintracht Frankfurt hat Chefkontrolleur Philip Holzer eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung anberaumt und seinen Rücktritt angeboten.

Bei der Eintracht brennt die Luft

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Eintracht Frankfurt steht neun Spieltage vor dem Abschluss der Bundesliga-Saison vor entscheidenden Weichenstellungen. Da ist zum einen die sportliche Situation, hat der Club nach einer Serie schlechterer Spiele auf Rang 6 liegend doch nur noch zwei Punkte Vorsprung auf den VFL Wolfsburg und drei Punkte vor Leverkusen und Mainz. Zum anderen haben sich die Dissonanzen zwischen Vorstandssprecher Axel Hellmann und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Philip Holzer so zugespitzt, dass Holzer am Mittwoch seinen Rücktritt angeboten hatte, um damit nach seiner Darstellung den von der DFL umworbenen Hellmann bei der Eintracht zu halten.

Aufgrund der öffentlich aufgekommenen Diskussion über einen möglichen Rücktritt Holzers kündigte der an, eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung „zum schnellstmöglichen Termin“ einzuberufen. Er werde das Gremium über die detaillierten Inhalte eines Gesprächs mit Axel Hellmann informieren und mit dem Gremium „über mögliche weitere Schritte beraten“. Es ist davon auszugehen, dass diese Sitzung sehr bald stattfinden wird.

Hintergrund für die Dissonanzen ist dem Vernehmen nach, dass Hellmann und andere im Verein irritiert darüber sind, dass Holzer sich als Kontrolleur sehr aktiv in die operative Führung einmischt, was nach gängiger Corporate Governance die Domäne des Vorstands ist.

Bei der Eintracht ist die Governance noch ein wenig komplexer aufgehängt als in einer reinen Aktiengesellschaft, hält der Verein, vertreten durch Präsident Peter Fischer, doch 67,8 % der Anteile. Holzer ist zusammen mit Aufsichtsrat Stephen Oren­stein als „Freunde des Adlers“ auch Anteilseigner, sie kommen auf 16,81 % und sind damit größter Minderheitsaktionär. Vor der Mitgliederversammlung im vergangenen Spätsommer wurden die „Freunde des Adlers“ bei anderen Aktionären vorstellig und wollten für gut 40 Mill. Euro weitere Anteile übernehmen, was sie in die Nähe einer Sperrminorität gebracht hätte – ein Ansinnen, dem auf der Mitgliederversammlung ein Riegel vorgeschoben wurde. Denn beschlossen wurde, dass der Anteil der Eintracht e .V. nicht unter 60 % fallen und kein Minderheitsaktionär mehr als 24,9 % besitzen dürfe. Die Offerte war sowieso erfolglos geblieben – und Holzer gibt an, das Angebot sei allein von Orenstein übermittelt worden, auch wenn Dokumente im Namen „Freunde des Adlers“ ausgestellt wurden.

Wie auch immer: Seit dieser vom Verein als unerwünscht empfundenen Offerte ist die Atmosphäre im Binnenverhältnis Verein, Aktiengesellschaft, Aufsichtsrat und Vorstand ein wenig vergiftet. Allerdings ist die Situation so, dass tatsächlich Handlungsbedarf besteht für eine weitere Kapitalzufuhr für die Eintracht, ist das Eigenkapital aufgrund der coronabedingten Mindereinnahmen doch auf 6 Mill. Euro zusammengeschrumpft.

Zum Disput mit Holzer hat sich Hellmann bislang bedeckt gehalten, man erfährt vor allem über Holzers Stellungnahmen etwas darüber. Als Hellmann interimistisch die DFL-Führung im Tandem mit Oliver Leki vom SC Freiburg übernahm, da versicherte er, wie stark sein Herz an der Eintracht hänge, und gelobte die Rückkehr auf seinen Vorstandsposten im Sommer. Allerdings hat die DFL-Führung um Joachim Watzke inzwischen ihr Werben um Hellmann als dauerhaften DFL-Chef intensiviert, so dass diese Option natürlich von Hellmann geprüft werden muss – und das in Abwägung mit seiner Position bei der Eintracht. Da erscheint es doch verständlich, wenn er die Eckdaten der künftigen Zusammenarbeit im Sinne aller Stakeholder geklärt haben will.

Ob dafür ein Rückzug von Holzer notwendig ist? Niemand wird bestreiten können, dass sein Herz zu 100 % für die Eintracht schlägt und dass sein Engagement wesentlich zur finanziellen Gesundung und zum sportlichen Erfolg beigetragen hat. Und von daher wäre es auch im Sinne aller Stakeholder, dass Frieden einkehrt in den Gremien der Eintracht, um diese Saison sportlich erfolgreich beenden zu können und zudem das Fundament für die Finanzen noch breiter zu gießen.

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