Erbschaftsstreit bei den Agnelli-Elkanns

Das Erbe der Agnellis

In der Familie Elkann-Agnelli, früher Eigner von Fiat, tobt ein heftiger Erbschaftsstreit. Es geht um angebliche Steuerhinterziehung und um hohe Millionenbeträge.

Das Erbe der Agnellis

Erbstreit bei Agnellis/Elkanns

Erbstreit mit harten Bandagen
bei den Agnellis

Bei den einstigen Fiat-Erben wird mit harten Bandagen gekämpft

Von Gerhard Bläske, Mailand

Die Agnellis waren einst die ungekrönten Könige Italiens. Mit ihren Eskapaden und Skandalen, ihrem Glanz, ihrer Macht und ihrem Reichtum beherrschten die einstigen Fiat-Eigner die Schlagzeilen. Heute sind sie vielleicht noch reicher, aber viel weniger präsent. Mit Ausnahme der seit vielen Jahren öffentlich ausgetragenen Erbschaftsstreitigkeiten. In deren Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung zwischen Margherita Agnelli, Tochter des legendären „Avvocato” Gianni, und ihren drei Kindern Ginevra, Lapo und John Elkann, dem Chef des Clans. Die drei Sprösslinge entstammen ihrer ersten Ehe mit dem französischen Schriftsteller Alain Elkann.

Die Turiner Staatsanwaltschaft hat im Februar bei Durchsuchungen an diversen Adressen der Familie umfangreiches Material sichergestellt und Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung aufgenommen. Sie richten sich gegen John Elkann, Chef der börsennotierten Beteiligungsholding Exor und Chairman von Ferrari und Stellantis. Ermittelt wird auch gegen den Turiner Buchhalter der Familie sowie den Schweizer Testamentsvollstrecker von Marella Agnelli, der 2019 verstorbenen Frau des „Avvocato” sowie Mutter von Margherita, also Großmutter von John, Lapo und Ginevra. Die Ermittlungen wurden vor wenigen Tagen auf die beiden Letztgenannten ausgeweitet.

Regelung von 2004 angefochten

Angestrengt wurde die jüngste Ausweitung von Margherita, die die Erbschaftsregelung von 2004 anficht. Gegen die Zahlung von 1,2 Mrd. Euro hatte sie damals auf alle weiteren Ansprüche für sich selbst, aber auch für ihre fünf Kinder aus zweiter Ehe verzichtet. Sie ist überzeugt, man habe ihr damals die wahren Vermögensverhältnisse verschleiert. Margherita wirft ihren Kindern aus erster Ehe und deren Beratern außerdem vor, Zahlungen in Millionenhöhe, die sie an ihre Mutter geleistet hat, nicht ordnungsgemäß deklariert zu haben. Außerdem hätten John, Lapo und Ginevra Italien um Erbschaftsteuern in Höhe von 734 Mill. Euro geprellt.

Margherita behauptet, ihre verstorbene Mutter habe ihren wirklichen Wohnsitz nicht, wie angegeben, in der Schweiz, sondern in Italien gehabt. Bekäme sie gerichtlich Recht, hätte das nicht nur steuerlich erhebliche Auswirkungen, sondern würde womöglich sogar den Vertrag von 2004 in Frage stellen. Und es könnte Auswirkungen auf die Gesellschaft Dicembre haben, über die die drei Kinder aus erster Ehe die Holding Exor steuern. Zu Exor gehören umfangreiche Beteiligungen an Ferrari, Stellantis, Iveco, CNH Industrial, Philips, Institut Mérieux, Juventus Turin oder an der Medien-Holding Gedi (La Stampa, La Repubblica, L`Espresso).

Die Anwälte der Söhne bezeichnen die Vorwürfe der Mutter als „absolut haltlos”. Die Staatsanwaltschaft spricht von „Anomalien” und Geldern, die auch nach Liechtenstein und auf die British-Virgin-Inseln geflossen seien.

Zumindest für die nicht der Familie Elkann-Agnelli gehörenden Medien ist das Thema ein gefundenes Fressen. Und auch Premierministerin Giorgia Meloni, deren Beziehungen zu der früher oft als heimliche Herrscher Italiens bezeichneten Familie eher kalt sind, kann sich Frotzeleien nicht verkneifen. Sie wirft den Elkanns/Agnellis bzw. John Elkann vor, den früheren Fiat-Chrysler Konzern (FCA) an die Franzosen verscherbelt zu haben, und fordert, dass auch Italiens Regierung eine Beteiligung an Stellantis erwirbt. Denn der französisch dominierte Autokonzern produziert immer weniger Fahrzeuge in Italien.

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