Generationswechsel

Die Benettons ordnen ihre Interessen neu

Die Familienholding der Benettons hat die geschäftlichen Interessen der Beteiligten neu geordnet: Alessandro Benetton wurde als Vertreter der zweiten Generation zum neuen Präsidenten der Familienholding Edizione ernannt.

Die Benettons ordnen ihre Interessen neu

Von Gerhard Bläske, Mailand

Die Familie Benetton hat nach Jahren der Krise ihre Interessen gebündelt und die geschäftlichen Interessen langfristig neu geordnet. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung wurde Alessandro Benetton (57), Vertreter der zweiten Generation, zum neuen Präsidenten der Familienholding Edizione ernannt.

Außerdem wurde die Umwandlung der Beteiligungsholding in eine Aktiengesellschaft beschlossen und eine fünfjährige Lock-up-Periode festgelegt, in der die Anteile nicht verkauft werden dürfen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Kontrolle von Edizione beim Generationswechsel in der Familie bleibt, gleichmäßig aufgeteilt auf Vertreter der Familienzweige, die auf Luciano, Gilberto, Carlo und Giuliano zurückgehen. Sie hatten den Strickpullover-Konzern Benetton 1965 gegründet. Mit Carlo und Gilberto starben 2018 zwei der Geschwister. Die zweite Generation besteht aus 14 Vertretern. Die dritte Generation steht auch schon bereit. Im neunköpfigen Verwaltungsrat sitzen mit Alessandro, Carlo Bertagnin Benetton, Christian Benetton und Ermanno Boffa, Ehemann der Gilberto-Tochter Sabrina, vier Mitglieder der Familie. Dazu kommen fünf externe Fachleute, darunter CEO Enrico Laghi.

Alessandro Benetton ist der Sohn von Luciano. Der passionierte Skifahrer, der sich kürzlich von seiner Ehefrau Deborah Compagnoni, dreifache Ski-Olympiasiegerin und Mutter seiner drei Kinder, getrennt hat, hat einen Bachelor of Science in Business Administration der Universität Boston und einen MBA aus Harvard. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Private-Equity-Gesellschaft 21 Investimenti, eines privaten Beteiligungskapitalfonds. Seine berufliche Karriere startete er bei Goldman Sachs. Nach Stationen etwa als CEO der Benetton Group verließ er das Familienunternehmen 2016.

Die Edizione Holding war 1986 gegründet worden. Sie ist eine der größten Beteiligungsholdings Europas und hält Anteile am Restaurantbetreiber Autogrill, an Generali, Pirelli, der Mediobanca und der Zeitung „Il Sole 24 Ore“, kontrolliert den Textilkonzern Benetton, 18% des deutschen Baukonzerns Hochtief und über die börsennotierte Infrastrukturgesellschaft Atlantia diverse Flughäfen (Rom, Nizza, Cannes) und Autobahngesellschaften. Edizione kam 2020 auf einen Umsatz von 10,9 Mrd. Euro. Der Nettovermögenswert lag bei 10,8 Mrd. Euro.

Doch mit dem Tod Gilbertos und seines Bruders Carlo 2018 und dem Einsturz der Autobahnbrücke von Ge­nua im gleichen Jahr schlitterten Atlantia und die Familie Benetton in eine tiefe Krise. Denn es war die 88-prozentige Atlantia-Autobahntochter Autostrade per l’Italia (Aspi) die für den Einsturz mitverantwortlich war. Die Vorzeigeunternehmerfamilie ge­riet massiv in die Kritik. Es herrschte Unfriede in der Familie. Erst spät gestand Firmenpatriarch Lu­ciano Benetton (86) Mitverantwortung ein. Er feuerte Manager, übernahm vorübergehend wieder Verantwortung und bereitete den Übergang auf die neue Generation vor.

Mit dem Verkauf der Beteiligung Atlantias an Aspi für 9,1 Mrd. Euro wurden 2021 die Weichen für einen Neuanfang gestellt. Mit den organisatorischen Veränderungen und der Übergabe an die zweite Generation folgte nun der nächste Schritt. Atlantia will den Verkaufserlös vor allem in neue Beteiligungen stecken, er­warb Anteile am Flugtaxihersteller Volocopter und erhielt am Montag den Zuschlag für die Siemens-Ampelsystem-Tochter Yunex. Mit der Aktie geht es bergauf. Nun hat Edizione die Beteiligung an dem an der Börse mit 14 Mrd. Euro bewerteten Unternehmen um knapp 2 Prozentpunkte auf 33,1% aufgestockt.