SAP-Finanzvorstand

Rückzug von Luka Mucic verunsichert Anleger

Mit SAP-Finanzvorstand Luka Mucic wird das nächste Vorstandsmitglied aus der Ära von Ex-Konzernchef Bill McDermott SAP den Rücken kehren. Anleger und Analysten reagieren besorgt. Ein Nachfolger dürfte wohl von außen kommen.

Rückzug von Luka Mucic verunsichert Anleger

Von Sebastian Schmid, Frankfurt

Die Wechsel im Vorstand des Softwarekonzerns SAP reißen nicht ab. Am späten Freitagabend hatte der Dax-Konzern mitgeteilt, dass sich der Aufsichtsrat mit Finanzvorstand Luka Mucic auf ein vorzeitiges Ende von dessen Vertragslaufzeit verständigt hat. Der 50-Jährige, der erst im April 2020 bis Ende März 2026 verlängert hatte, werde das Unternehmen per 31. März 2023 verlassen, heißt es in der Ad-hoc-Mitteilung. In dem verbleibenden guten Jahr werde Mucic seine Tätigkeit als CFO in vollem Umfang fortsetzen. Ein Nachfolger wurde nicht benannt. Der Aufsichtsrat habe die Suche nach einem Nachfolger eingeleitet, heißt es in der Mitteilung. Das lässt darauf schließen, dass SAP lieber einen externen als einen internen Nachfolger hätte. Damit dürften die Chancen von Joel Bernstein, der wie Mucic bereits 26 Jahre für SAP arbeitet und derzeit als Head of Global Finance die Nummer 2 im Finanzressort ist, eher gering sein, nächster Finanzvorstand der Walldorfer zu werden.

Der Aufsichtsrat dankte dem derzeit dienstältesten Vorstandsmitglied von SAP „für sein Engagement, seinen Weitblick und die Führung, die er gegeben hat“. Mucic steht sinnbildlich für SAPs erfolgreiche Expansion in die Cloud. Als er 2014 in den Vorstand aufstieg, lag der Cloud-Umsatz noch bei rund 1 Mrd. Euro. Zuletzt waren es 9 Mrd. Euro im Jahr.

Auch deshalb war die Reaktion auf die Nachricht seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Unternehmen reserviert. Barclays-Analyst James Goodman wertete den angekündigten Abschied als „ziemlich negativ“. Er senkte sein Kursziel von 135 auf 128 Euro, behielt seine Kaufempfehlung für SAP aber bei. Die DZ Bank, die SAP nur „neutral“ einstuft, nannte die Nachricht in einer ersten Einschätzung eine wirkliche „Überraschung für den Markt“ – und zwar keine gute. Zumindest kurzfristig sei eine negative Reaktion des Aktienmarktes zu erwarten. „Sein Ruf unter den Investoren ist recht gut. Daher denken wir, dass es für das Unternehmen schwierig sein könnte, einen geeigneten Nachfolger zu finden“, schreibt Analyst Armin Kremser. Sein Kursziel beließ er allerdings bei 115 Euro.

Tatsächlich sackte der Kurs der SAP-Aktie am Montagmorgen zu­nächst um bis zu 2,4% ab. Im Laufe des Vormittags erholten sich die Papiere zwar, lagen aber am Abend erneut rund 2,4% unter dem Vorwochenschluss.

Die Verlängerung von Mucics Vertrag im Frühjahr 2020 war vor dem Hintergrund mehrerer Vorstandswechsel und des Beginns der Corona-Pandemie vorgenommen worden und galt damals als Signal, dass der Aufsichtsrat im Finanzressort auf Kontinuität setzt. Der damalige Vertrag des Finanzvorstands wäre Ende März 2021 ausgelaufen. „Luka Mucic ist ein erfahrener Finanzexperte, der im Konzern und bei Kunden hohes Ansehen und Vertrauen genießt“, lobte der Mitgründer und Aufsichtsratsvorsitzende Hasso Plattner den langjährigen Finanzchef bei der Verlängerung des Vertrags. Jetzt zeigte sich Plattner für die geleistete Arbeit „sehr dankbar“. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist überzeugt, dass Mucic und sein Team „auch in der kommenden Übergangsphase hervorragende Arbeit leisten werden“.

Mucic verantwortet neben dem Finanzressort auch die administrativen Bereiche. Außerdem leitet er die Nachhaltigkeitsbemühungen der SAP und ist für die Geschäftsbereiche Taulia und SAP Signavio verantwortlich. „Luka war während meiner gesamten Laufbahn bei SAP ein wunderbarer Mentor“, sagte Christian Klein, CEO und Vorstandsmitglied. „Sein Intellekt und seine Großzügigkeit, sein auf Grundsätzen beruhender Führungsstil und sein Einsatz für SAP und unsere Kunden waren nicht nur für mich persönlich ein enormer Gewinn, sondern auch für die von ihm geleiteten Teams, für unser Wachstum sowie unseren Erfolg als Unternehmen.“

Seit 1996 dabei

„Ich bin der SAP unendlich dankbar, dass sie mich an unserer unglaublichen Reise und dem großen Erfolg hat teilhaben lassen“, wird Mucic in der Pressemitteilung zitiert. Mucic begann seine berufliche Laufbahn bei SAP im Jahr 1996 in der Rechtsabteilung. Er hat einen gemeinschaftlichen Executive-MBA-Abschluss der Mannheim Business School und der ESSEC Paris sowie ein erstes juristisches Staatsexamen der Universität Heidelberg. Außerdem hat er das zweite juristische Staatsexamen absolviert.

Auch wenn der Zeitpunkt der Rückzugsankündigung überraschend kommt, ist der Abschied des langjährigen SAPlers nicht ganz unerwartet. Schon vor Jahren hatte Mucic immer mal wieder in Konversationen fallenlassen, dass er nicht plane, als SAP-CFO in Rente zu gehen. Eine mögliche Anschlussbeschäftigung muss dabei nicht zwingend ein ähnlich hohes Einkommensniveau wie bei SAP erreichen. Eine Option, mit der er wohl immer wieder in Gedanken gespielt hat, ist ein Wechsel ins Akademische. Wenn er sich für eine solche Laufbahn entscheidet, müsste er sich zumindest keine Gedanken machen, ob seine Wettbewerbsklausel greift.

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