Vakuum im Vorstand

Nagel dringt bei Bundesbank-Vorstandsposten auf Tempo

Mit Claudia Buch verlässt das nächste Vorstandsmitglied die Bundesbank. Zum Jahreswechsel könnte das halbe Gremium unbesetzt sein. Die Suche nach Nachfolgern gestaltet sich schwierig.

Nagel dringt bei Bundesbank-Vorstandsposten auf Tempo

Nagel dringt bei Bundesbank-Posten auf Tempo

Von Mark Schrörs, Stefan Reccius
und Martin Pirkl, Frankfurt/Brüssel

Ihre Qualifikationen sind unumstritten, ihre Nominierung für die Leitung der EZB-Bankenaufsicht war es nicht. Seit Dienstag steht zwischen Bundesbankvizepräsidentin Claudia Buch und ihrem neuen Posten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) jedoch nur noch die Zustimmung der Euro-Finanzminister. Diese gilt als reine Formsache.

Am Tag der deutschen Einheit überstand die 57-Jährige eine entscheidende Abstimmung im EU-Parlament. Eine Zustimmung war hier keine reine Formsache. Einige der Abgeordneten fühlten sich bei der Nachfolge von Andrea Enria, der zum Jahresende turnusgemäß aus seinem Amt scheidet, übergangen. Sie hatten sich im Frühjahr für Buchs Konkurrentin Margarita Delgado aus Spanien als neue Leiterin der EZB-Bankenaufsicht ausgesprochen. Der EZB-Rat nominierte dennoch die Deutsche. EZB-Chefin Christine Lagarde verteidigte die Entscheidung anschließend öffentlich.

Grüne bleiben hart

Aus Deutschland blieben Buch am Dienstag dann auch einige Stimmen im EU-Parlament versagt: Die Grünen-Abgeordneten hatten angekündigt, gegen ihre Ernennung zur Chefbankenaufseherin zu stimmen. Sie blieben damit im Zwist mit der EZB hart. Dessen ungeachtet erhielt Buch in geheimer Abstimmung jedoch eine komfortable Mehrheit von 357 der 594 abgegebenen Stimmen.

Nach der überstandenen Abstimmung bekam Buch Lorbeeren für ihre Qualifikationen. Der gemeinsame Aufsichtsmechanismus (SSM) bekomme „eine Vorsitzende, die die nötige Erfahrung und Ruhe mitbringt, um den europäischen Bankensektor durch schwieriges Fahrwasser zu manövrieren“, sagt der CSU-Finanzexperte Markus Ferber. Angesichts der trüben Konjunktur und ihrer Folgen für die Bankbilanzen werde das „in den nächsten Jahren keine Schönwetter-Veranstaltung sein“, so Ferber. „Claudia Buch bringt die nötigen Qualitäten mit, um diese Herausforderungen zu meistern.“

Personalnöte im Bundesbankvorstand werden größer

Buch wird ihr neues Amt voraussichtlich im Januar 2024 antreten – eine Zustimmung der Euro-Finanzminister vorausgesetzt. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sieht den bevorstehenden Abgang seiner Vorstandskollegin mit gemischten Gefühlen: Einerseits freut er sich für Buch, die er seit langem kennt, und sieht die Ernennung auch als Ehre für die Institution Bundesbank. Andererseits muss er nun einen neuen Stellvertreter oder eine neue Stellvertreterin finden, sowie jemand Neuen für die wichtige Aufgabe der Bankenaufsicht auswählen. Zugleich – und vielleicht sogar noch wichtiger – werden die Personalnöte im Vorstand für ihn immer größer.

Denn es ist nicht nur Buch, die den Vorstand zum Jahreswechsel verlässt. Bereits im März hatte Joachim Wuermeling mitgeteilt, dass er im Jahr 2024 eine neue Tätigkeit aufnehmen und deshalb zum Jahresende aus der Bundesbank ausscheiden möchte. Zudem hatte Johannes Beermann bereits Ende 2022 den Vorstand verlassen, ohne dass bislang ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden ist. Zum Jahreswechsel könnte der Vorstand also nur aus drei statt sechs Vorstandsmitgliedern bestehen.

Ursprünglich hatte das Vorschlagsrecht für die Beermann-Nachfolge beim Land Hessen gelegen. Im Sommer hatten sich dann aber Hessen und Nordrhein-Westfalen wegen der anstehenden Landtagswahl in Hessen auf einen Tausch des Vorschlagsrechts geeinigt: NRW soll nun die Nachfolge für Beermann regeln und Hessen kommt dann zum Zug, wenn Wuermeling ausscheidet. Das Vorschlagsrecht für die Nachfolge der Vize-Präsidentin Buch hat die Bundesregierung.

Diskussionen um Verkleinerung

Bundesbankpräsident Nagel verweist nun auf die wichtige Aufgaben der Bundesbank im Rahmen ihres Mandats für Preis- und Finanzstabilität und dringt deshalb auf zeitnahe Entscheidungen. Zugleich gibt es in der Bundesbank, wie in der Vergangenheit zumeist, Befürchtungen, dass die Posten nach parteipolitischen Erwägungen besetzt werden und nicht unbedingt anhand der Qualifikation für den Job. In Deutschland gebe es sehr viele gute Ökonomen und Ökonominnen, heißt es. Als eine geeignete Kandidatin gilt vielen etwa KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

In der Vergangenheit gab es auch immer wieder mal Diskussionen über eine weitere Verkleinerung des Bundesbankvorstands. Zuletzt war im Jahr 2007 die Verkleinerung von acht auf sechs Mitglieder beschlossen worden. Nagel hält die aktuelle Größe des Vorstands mit sechs Mitgliedern aber für angemessen.

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