Start-ups

(Co-)Investments von Strategen und Finanz­investoren

Investoren stecken Rekordbeträge in Start-ups. Doch die Strukturierung solcher Transaktionen ist häufig komplex.

(Co-)Investments von Strategen und Finanz­investoren

Von Niclas von Woedtke*)

Mit dem Vormarsch der Digitalisierung in nahezu sämtlichen Lebens- und Geschäftsbereichen hat auch die Bedeutung von (Co-)Investments im IT- und Software-Bereich spürbar zugenommen. Etablierte Geschäftsmodelle von traditionellen Industrieunternehmen werden durch digitale, leicht skalierbare Angebote herausgefordert; und Finanzinvestoren, die mit Niedrig- bzw. Negativzinsen kämpfen, suchen inmitten der vorherrschenden Geldschwemme nach geeigneten, lukrativen Anlagemöglichkeiten bei gleichzeitiger Risikominimierung. Demzufolge umwerben Unternehmen wie Finanzinvestoren aufstrebende Start-ups, speziell in den Bereichen IT und Software, mit offenen Armen: Allein 2020 sammelten europäische Start-ups laut Pitchbook (European Venture Report 2020) knapp 43 Mrd. Euro an Investorengeldern ein, davon knapp 20 Mrd. Euro von strategischen Investoren – beides Rekorde, die (aller Voraussicht nach) 2021 abermals eingestellt werden.

Interessen und Instrumente

Finanzinvestoren verfolgen bei ihren (Co-)Investments in Start-ups vornehmlich eine möglichst hohe finanzielle Rendite, die sie bei einem Verkauf oder Börsengang des jeweiligen Unternehmens realisieren. Die Motive von Industrienehmen sind dagegen vielschichtiger, vorwiegend aber strategisch getrieben und zielen vor allem auf den Zugang zu neuen Geschäftsfeldern und eine Stärkung der Innovationspipeline ab. Unternehmen können dabei auf unterschiedlichen Wegen mit Start-ups zusammenarbeiten bzw. sich an ihnen beteiligen, und zwar mittels Entwicklungskooperationen, Lizenzierungsverträgen, Joint Ventures, Inkubations-/Accelerator-Programmen oder aber Eigenkapital-Beteiligungen an Start-ups.

Finanzinvestoren und strategische Investoren, die in Tech-Start-ups investieren, streben in der Regel eine Minderheitsbeteiligung in Höhe von 10 bis 25% an. Finanzinvestoren schauen vor allem exitorientiert auf ihre Investments und mischen sich in die operativen Themen des Managements eher weniger ein. Dagegen legen strategische Investoren insbesondere Wert auf vertragliche Regelungen, die es ihnen ermöglichen, das Start-up zu einem späteren Zeitpunkt vollständig zu erwerben, zumindest aber ein Veto-Recht bei späteren Veräußerungen einräumen, sowie eine aktive Einwirkung und Einbindung in relevante Entscheidungsprozesse des Start-ups.

Der wesentliche Wert von Tech-Unternehmen besteht in der von ihnen entwickelten Technologie und ihren Schlüsselmitarbeitern. Daher spielt bei Tech-Investments die Absicherung dieser Assets eine zentrale Rolle. Dies erfolgt zum einen über vertragliche Garantien, mit denen das jeweilige Unternehmen und die Gründer zusichern, dass die Rechte an der relevanten Software und dem dahinterstehenden Source Code beim Unternehmen liegen und eine etwaige Verwendung von Open-Source-Software das Unternehmen nicht zur Offenlegung seines Source Codes (Copy-Left-Effekt) verpflichtet. Solche standardmäßigen Garantien sind indes bei Start-ups oftmals nicht viel wert (und entsprechende W&I-Versicherungen (Gewährleistungsversicherung) haben sich bislang noch nicht durchgesetzt).

Je nach Größe des konkreten Investments kann es daher Sinn machen, das Start-up einer eingehenden IP/IT-Due Diligence zu unterziehen und zum Beispiel mittels einer sog. Back Duck Due Diligence Risiken im Hinblick auf die Verwendung von Open-Source-Software zu identifizieren. Um die Risiken gewissermaßen zu strecken, machen Finanz- und strategische Investoren ihre Investments in Tech-Unternehmen, deren Technologie noch am Anfang ihrer Entwicklung und Kommerzialisierung steht, zumeist auch vom Erreichen bestimmter technologischer, regulatorischer und kommerzieller Meilensteine abhängig. Schließlich kommt der Incentivierung der Gründer als auch ihrem Verbleib im Unternehmen eine besondere Bedeutung zu, weswegen bei Tech-Investments ein verstärktes Augenmerk auf Regelungen zum Erdienen von Unternehmensanteilen (sog. Vesting) und Wettbewerbsverbote gelegt wird.

Hürde Außenwirtschaftsrecht

(Co-)Investments in Tech-Unternehmen eröffnen Finanz- und strategischen Investoren große Chancen, um finanziell und strategisch an langfristigen Technologie-Wachstumstrends zu partizipieren. Gleichzeitig bringt die Strukturierung solcher Investments eine nicht zu unterschätzende Komplexität mit sich. Aufgrund gesenkter Aufgriffschwellen (nach der aktuell geltenden 17. No­vel­le der Außenwirtschaftsverordnung ab einem Erwerb von 10% bzw. 20% der Anteile) und einer weiteren Ausdehnung auf Bereiche wie KI, autonomes Fahren, Robotik oder Cybersicherheit müssen je nach Herkunft des Investors bei Tech-Investments zunehmend auch außenwirtschaftsrechtliche Hürden mitberücksichtigt werden – eine Entwicklung, die sich angesichts des Ringens zwischen den USA, China und Europa um die globale Vormachtstellung in Schlüsseltechnologien in Zukunft noch deutlich verschärfen dürfte.

*) Niclas von Woedtke ist Rechtsanwalt im Bereich Gesellschaftsrecht/ M&A am Hamburger Standort von Taylor Wessing und berät Mandanten bei M&A-, Venture-Capital- und Private-Equity-Transaktionen.