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Public Auction kann Bieter­wettstreit lösen

Pattsituationen in Übernahmeversuchen können die Transaktion gefährden. Ein Auktionsverfahren würde einen Ausweg bieten.

Public Auction kann Bieter­wettstreit lösen

Von Tobias Nikoleyczik und

Malte Krohn *)

Bieterwettstreite bei öffentlichen Übernahmen waren in Deutschland bislang selten. Weil das Umfeld aber immer kompetitiver wird, sind sie inzwischen regelmäßig zu beobachten, gerade im Large-Cap-Bereich. Allerdings sind sie für alle beteiligten Parteien risikoreich. Ein Ausweg ist die Public Auction, die im Ausland teilweise gesetzlich vorgesehen ist. In Deutschland wäre sie juristisches Neuland, aber durchaus umsetzbar.

Im vergangenen Herbst boten sich die beiden Private-Equity-Häuser Hellman & Friedman und EQT einen besonders spektakulären Bieterkampf: Beide wollten den Heimtierbedarfshändler Zooplus übernehmen. So unterbreitete zunächst Hellman & Friedman den Aktionären ein öffentliches Angebot zum Erwerb ihrer Aktien zu einem Preis von 390 Euro, woraufhin sowohl EQT als auch der Finanzinvestor KKR ihr Interesse signalisierten, den Aktionären der Zooplus AG ein (höheres) Angebot zu unterbreiten. Hellman & Friedman erhöhte das Angebot da­raufhin auf 460 Euro, um weitere Spekulationen auf ein höheres Angebot eines dritten Bieters zu beenden – mit teilweisem Erfolg: KKR zog sich zurück. EQT hingegen veröffentlichte ein Angebot zu 470 Euro je Aktie, woraufhin Hellman & Friedman gleichzog und ebenfalls 470 Euro je Aktie bot.

Der Fall Zooplus

Den Aktionären der Zooplus AG lagen also nunmehr zwei preislich identische Angebote vor. Beide Angebote waren als Barangebote strukturiert und sahen eine identische Mindestannahmeschwelle von 50% des Grundkapitals der Zielgesellschaft plus eine Aktie vor. Zum Zeitpunkt der letzten Angebotserhöhung von Hellman & Friedman lief die (qua Gesetz synchronisierte) Annahmefrist beider Angebote noch knapp vier Wochen.

Die an der Transaktion beteiligten Parteien waren in einer schwierigen Situation: Für die Aktionäre bestand keine Klarheit darüber, welches Angebot vorzugswürdig war und ob es nicht noch zu weiteren Erhöhungen des Angebotspreises kommen würde. Die Bieter sahen sich unterdessen mit dem Risiko konfrontiert, dass sie die Mindestannahmeschwelle von 50% des Grundkapitals nicht erreichen würden, weil die beiden vorliegenden Angebote preislich identisch waren. Auch für die Gesellschaft und die Aktionäre war die damit verbundene erhebliche Transaktionsunsicherheit problematisch.

Ungünstige Konstellation

Um diese ungünstige Konstellation aufzulösen, vereinbarten Hellman & Friedman und EQT schließlich, gemeinsam für die Gesellschaft zu bieten. Das Angebot von Hellman & Friedman wurde daraufhin noch einmal auf 480 Euro erhöht. Zudem räumte Hellman & Friedman EQT die Möglichkeit ein, sich hieran zu beteiligen. Das Angebot war schließlich erfolgreich und konnte vollzogen werden. Nach einem anschließenden Delisting-Angebot wurde die Börsennotierung von Zooplus eingestellt. Hellman & Friedman und EQT halten nunmehr über ein gemeinsames Vehikel mehr als 95% des Grundkapitals der Gesellschaft.

Obwohl die Transaktion erfolgreich abgeschlossen werden konnte, wäre auch ein Scheitern denkbar gewesen. Hauptgrund hierfür ist das aus dem Blickwinkel der Transaktionssicherheit unbefriedigende Re­gime des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) für den Fall konkurrierender Angebote bei einem Bieterwettstreit.

Das WpÜG beschränkt sich im Wesentlichen auf zwei Regelungen. Erstens: Verlängerung der Annahmefrist des Angebots auf die längere Annahmefrist des konkurrierenden Angebots. Und zweitens: Rücktrittsrecht der Aktionäre, die das ur­sprüngliche Angebot bereits angenommen haben. Einen Mechanismus zur Auflösung der Pattsituation bei preislich nicht differenzierten Angeboten bietet das Gesetz hingegen nicht. Ferner sind viele Einzelfragen bei einem Bieterwettstreit rechtlich umstritten, insbesondere die Frage, ob mehrere wechselseitige Angebotsänderungen, die zahlreiche Verlängerungen der Annahmefrist zur Folge haben, zulässig sind.

Unabhängig hiervon haben die Bieter die Möglichkeit, ihren Angebotspreis ohne formale Angebotsänderung zu erhöhen, indem sie (am Ende der Annahmefrist) Aktien außerhalb ihres Angebots zu einem Preis über dem ursprünglichen Angebotspreis erwerben. Dies lässt den Bietern Raum für taktische Erwägung und kann dazu führen, dass Aktionäre keines der Angebote (rechtzeitig) annehmen – sei es aus Verunsicherung oder weil sie darauf spekulieren, dass der Angebotspreis kurz vor Ablauf der Annahmefrist weiter erhöht wird. All diese Umstände bewirken erhebliche Transaktionsrisiken für alle Beteiligten. Darüber hinaus werden bei der Zielgesellschaft über einen längeren Zeitraum erhebliche Managementkapazitäten gebunden. Dies widerspricht deutlich dem erklärten Ziel des WpÜG, das Angebotsverfahren rasch durchzuführen.

Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass andere Rechtsordnungen Mechanismen kennen, um derartige Konkurrenzsituationen aufzulösen. So kann unter dem Takeover Code im Vereinigten Königreich ein Auktionsverfahren durchgeführt werden, wenn gegen Ende der Angebotsfrist weiterhin eine Konkurrenzsituation zwischen den Angeboten besteht. Ziel des Verfahrens ist es, den finalen und höchsten Angebotspreis zu ermitteln. Das Verfahren wird unter Beteiligung des Takeover Panel als neutraler Instanz durchgeführt. Jüngstes Beispiel hierfür sind die Übernahmeangebote für Wm Morrison von CD&R und Fortress.

Ein entsprechendes Verfahren kann nach Ansicht der Verfasser in Deutschland nachgebildet werden, wenn die gesetzlichen Beschränkungen – insbesondere des Verhinderungsverbots – beachtet werden. Grundlage hierfür ist eine Vereinbarung zwischen den Bietern, einem neutralen Dritten (Auktionator) und gegebenenfalls der Zielgesellschaft. Die Vereinbarung legt insbesondere die Einzelheiten zum Auktionsverfahren fest, das von dem Auktionator durchgeführt wird. Dabei verpflichten sich die Bieter, ihr unterlegenes Angebot öffentlich nicht weiter zu verfolgen. Damit wird unter Erzielung des höchsten Angebotspreises zugleich Transaktionssicherheit für alle Beteiligten geschaffen.

Struktureller Vorteil

Das Hauptproblem bei der Umsetzung einer Public Auction liegt darin, dass sie voraussetzt, dass jedenfalls die beteiligten Bieter sich einem solchen Verfahren öffnen. Dem können in einem laufenden Übernahmeverfahren jedoch bieterseitige Erwägungen entgegenstehen. So kann sich beispielsweise einer der Bieter in einem strukturellen Vorteil sehen, weil er sich bereits über sogenannte Irrevocable Undertakings Aktienpakete im Vorfeld der Abgabe des Übernahmeangebots gesichert hat. Damit ist es in der Folge für konkurrierende Bieter schwieriger, die gesetzte Mindestannahmeschwelle zu erreichen (auch weil das Rücktrittsrecht vom ursprünglichen Angebot nur dann weiterhilft, wenn die betreffenden Aktionäre sich gleichzeitig auch von den Irrevocable Undertakings lösen können). Auf der anderen Seite haben die Bieter selbst ein hohes Interesse an einem klar vorgezeichneten und strukturierten Ablauf eines Bieterverfahrens – vor allem mit Blick auf ihre jeweiligen Investoren. Denn diese können in Bezug auf mehrere Bieter gerade im Large-Cap-Bereich teilweise identisch sein. Allein deswegen haben sie kein Interesse an einem langwierigen Bieterwettstreit mit ungewissem Ausgang.

Optionen gegeben

Es bietet sich also für Zielgesellschaften an, über die Möglichkeit einer Public Auction bereits im Vorfeld eines möglichen Übernahmeprozesses nachzudenken. Denkbar wäre beispielsweise, die Public Auction für den Fall eines konkurrierenden An­gebots bereits in einem mit dem jeweiligen Bieter abgeschlossenen Investment oder Business Combination Agreement als Lösungsmöglichkeit verbindlich vorzusehen, um dies später gesellschaftsseitig rechtssicher durchsetzen zu können.

Schließlich bleibt denkbar, eine Public Auction bereits zu einem Zeitpunkt durchzuführen, zu dem noch kein öffentliches Übernahmeangebot eines Bieters vorliegt, so dass nur der obsiegende Bieter ein Übernahmeangebot veröffentlicht. Hier stellen sich weitergehende Rechtsfragen, die nach Auffassung der Verfasser aber ebenfalls lösbar sind.

*) Dr. Tobias Nikoleyczik ist Partner, Malte Krohn Counsel der Kanzlei GLNS in München.

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