Energiepreise

Gas kostet so viel wie vor dem Ukraine-Krieg

Der Großhandelspreis sinkt auch nach Weihnachten weiter und passiert eine neuralgische Marke. Wirtschaftsminister Robert Habeck hält eine Entwarnung allerdings für verfrüht.

Gas kostet so viel wie vor dem Ukraine-Krieg

rec Frankfurt

In Europa ist der Großhandelspreis für Gas auf den niedrigsten Stand seit Beginn des Kriegs in der Ukraine gefallen. Am einschlägigen Handelspunkt TTF kostete eine Megawattstunde Erdgas am Mittwoch zeitweise weniger als 77 Euro, ehe der Preis für die Megawattstunde wieder ein Stück stieg und am Nachmittag zwischen 82 und 84 Euro pendelte. So günstig war der Energieträger zuletzt im Februar. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zufolge ist es für eine Entwarnung zu früh: Verbraucher müssten auch 2023 auf höhere Preise als in der Vergangenheit gefasst sein.

Russlands Krieg gegen die Ukraine hat für wilde Preisausschläge an den europäischen Gasmärkten gesorgt. Wesentlicher Grund ist, dass Moskau in Reaktion auf Sanktionen die Gaslieferungen nach Europa weitgehend eingestellt hat. In der Spitze schoss der TTF-Großhandelspreis deshalb im Sommer über 300 Euro pro Megawattstunde (siehe Grafik). Die Bundesregierung hat daraufhin umstrittene Preisbremsen für Gas und Strom beschlossen. Sie sollen ab Januar greifen.

Seit Mitte Dezember fällt der Gaspreis im Großhandel unter Schwankungen deutlich. Kurz vor Weihnachten hat er die 100-Euro-Marke passiert. „Das ist deutlich zu hoch, gar keine Frage“, sagte Habeck der Deutschen Presse-Agentur. Aber der Preis sei weniger explodiert, als man befürchtet habe. Habeck äußert die Hoffnung, „dass es gegen Ende 2023 schon besser ist, wenn auch nicht auf dem Niveau von 2021“. Der Wirtschaftsminister prognostiziert: „Das Jahr über werden wir höhere Preise noch aushalten müssen.“

Habeck hebt die Bedeutung neuer Flüssiggasterminals hervor, um Abhilfe für ausbleibende Lieferungen aus Russland zu schaffen. Allerdings wird es mitunter Jahre dauern, bis Ersatzlieferungen auf diesem Wege im großen Stil Deutschland erreichen. Das verdeutlicht ein Liefervertrag, den der Energiekonzern RWE verkündete: Demnach liefert die US-Firma Sempra 2,25 Mill. Tonnen Flüssiggas (LNG) pro Jahr –  ab 2027.

Es müsse weiter darum gehen, Gas einzusparen, betont der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Er gibt sich in einem Eintrag im Kurznachrichtendienst Twitter „hoffnungsvoll“, weil es „in den vergangenen Monaten gelungen ist, eine erhebliche Menge Gas einzusparen“. Dem tägliche Lagebericht seiner Behörde zufolge steigen die Gasspeicherfüllstände in Deutschland seit einer Woche wieder, nachdem eine Kältewelle zwischenzeitlich den Verbrauch getrieben hatte. Inzwischen nehmen die Speicher im Durchschnitt wieder Kurs auf 90%. Das lindert Sorgen vor einer Gasmangellage samt Rationierungen, was monatelang als ernsthafte Gefahr in diesem Winter galt. Die Entspannung der Energiekrise veranlasst immer mehr Experten, ihre Wachstumsprognosen für 2023 anzuheben. Auch die Industrie rechnet nur noch mit einer milden Rezession.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.