Deutsche Bahn

Knoten in der Weiche

„Der gordische Knoten ist gelöst“, jubelte Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, nach der Einigung mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Donnerstag. Der Machtkampf der GDL ist damit aber noch lange nicht beendet.

Knoten in der Weiche

Der gordische Knoten ist gelöst“, jubelte Martin Seiler, Personalvorstand der Deutschen Bahn, nach der Einigung mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) am Donnerstag. Die Euphorie ist nach der zähen Auseinandersetzung mit der GDL allzu verständlich. Erleichtert ist man auch überall dort, wo ein neuerlicher Streik der Lokführer die ohnehin bestehenden Probleme in den Lieferketten verschärft hätte. Viele Pendler, für die Chaos auf der Schiene allerdings auch ohne Streik zum Alltag gehört, atmen durch. „Ich fühle mich wohl“, ließ sich sogar GDL-Chef Claus Weselsky zu einer versöhnlichen Gefühlsäußerung hinreißen.

Dass mit der jetzt gefundenen Vereinbarung zwischen der Bahn und der Lokführergewerkschaft alle tarifpolitischen Knoten gelöst sind, die die GDL mit großer Ausdauer in das Schienennetz knüpft, darf allerdings bezweifelt werden. Denn ein zentraler Konflikt, namentlich der über die Umsetzung des Tarifeinheitsgesetzes (TEG) und über den Geltungsbereich der Tarifverträge mit der GDL, dürfte spätestens in 32 Monaten erneut aufflammen, wenn die jetzt getroffene Vereinbarung zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft ausläuft. In dem Konflikt geht es schließlich nicht nur um tarifliche Fragen. Es geht Weselsky immer auch – mancher sagt: ausschließlich – um die Macht der GDL im Wettbewerb mit der viel größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft.

Die Bahn gab sich gestern alle Mühe, diesen Machtkampf für beendet zu erklären. Doch Weselsky denkt offenkundig anders darüber. Die GDL werde sich von niemandem daran hindern lassen, in anderen Konzernbereichen Mitglieder zu gewinnen, um dann Verträge für mehr Personal abschließen zu können, ließ er ausrichten. Und der Geltungsbereich des TEG? „Ein guter Gewerkschafter kann nicht Frieden mit diesem Gesetz machen“, stellte er klar. Fortsetzung (vor Gericht) folgt.

Dem schlauen Weselsky wird freilich nicht entgangen sein, dass im Tarifkonflikt plötzlich auch die Rolle der Bahn für die Klimaziele der Bundesregierung thematisiert wird. Der Streik der GDL sei „ein Streik gegen das Klima“, brachte es Güterbahnchefin Sigrid Nikutta auf den Punkt. Schon sind Stimmen zu hören, die sich für gesetzliche Regelungen von Tarifauseinandersetzungen bei der Bahn starkmachen. Wenn das dem Klima nützt, wird sich dafür demnächst viel politische Unterstützung finden lassen. Knüpft Weselsky weiter Knoten in die Gleise, könnte der Gesetzgeber bald die tarifpolitischen Weichen an der GDL vorbei stellen.

(Börsen-Zeitung,