CFO-Interview

Merck unterzieht Portfolio einem strengen Fitness-Test

Der Finanzchef des Dax-Konzerns erläutert im Interview die Wachstumsstrategie des Familienunternehmens und wie in Zeiten von Niedrigzins und Inflation das Liquiditätsmanagement läuft.

Merck unterzieht Portfolio einem strengen Fitness-Test

swa Frankfurt

Mit großen Akquisitionen hat sich Merck in den vergangenen Jahren in Wachstumsmärkten neu positioniert, größere Zukäufe schließt der Dax-Konzern auch künftig nicht aus. Doch M&A ist nun eines von vielen Instrumenten, um das Wachstum voranzubringen, erläutert Fi­nanzchef Marcus Kuhnert im Interview der Börsen-Zeitung. „Wir schauen nicht mehr so intensiv nach größeren Akquisitionen wie noch vor einigen Jahren, als wir das Portfolio deutlich stärker weiterentwickeln mussten“, sagt der Manager.

Der Pharma-, Life-Science- und Spezialchemiekonzern werde auch künftig das Portfolio in regelmäßigen Abständen darauf prüfen, ob alle Geschäfte die langfristigen Renditeerwartungen erfüllen und Merck noch der beste strategische Eigentümer ist. In der Investitionssteuerung stellt das Darmstädter Familienunternehmen hohe Anforderungen an die Geschäftsbereiche und sieht die Segmente in spezifischen Rollen, um das Wachstum zu beschleunigen. Dabei werden Aktivitäten definiert, die maßgeblich für das Wachstum verantwortlich sind, andere übernehmen die Funktion des Cash-Bringers. Eine Quersubventionierung sei dabei „definitiv“ ausgeschlossen, „genau das wollen wir mit diesem strategischen Ansatz verhindern“, betont Kuhnert.

Mit Blick auf Zinsumfeld und Inflation räumt der CFO ein, Merck sei derzeit nicht in der Lage, mit ihren liquiden Mitteln einen positiven Zinsertrag zu erzielen, „er ist leicht negativ“. Das Unternehmen verteile die Liquidität im Wesentlichen auf Bankanlagen, Investitionen in Commercial Paper anderer Unternehmen und Geldmarktfonds. „Die Inflation an sich hat keinen direkten Einfluss auf das Liquiditätsmanagement, allenfalls indirekt über die Inflationserwartungen, die die Zinsen beeinflussen. Am kurzen Ende der Zinskurve sehen wir im Moment trotz steigender Inflation noch relativ wenig Bewegung“, erklärt Kuhnert.

Für den zuverlässigsten Schutz gegen Inflation hält er effiziente Kostenstrukturen und Preiserhöhungen. „Dafür ist es entscheidend, in welchen Geschäften man unterwegs ist und welche Preissetzungsmacht ein Unternehmen hat.“ Merck gelinge es dank der guten Marktposition derzeit am besten, im Life-Science-Geschäft Preissteigerungen bei Vorprodukten an Endkunden weiterzugeben. Am unteren Ende stehe Healthcare, weil das Pharmageschäft stark reguliert sei.

Den aktuellen Trend zu Spin-offs sieht der Finanzchef mit Gelassenheit. „Das ist für uns überhaupt kein Thema.“ Merck profitiere in allen Unternehmensbereichen von wichtigen Me­ga-Trends. Es habe sich auch gezeigt, dass eine diversifiziertere Unternehmensstruktur in schwierigen Zeiten von Vorteil sei. Die Familiengesellschafter hätten zudem das berechtigte Anliegen, ihr Risiko über eine adäquate Zusammensetzung des Portfolios zu diversifizieren. Was Kuhnert nicht anspricht: Merck zeigt in der Marktbewertung keine Schwäche. Der Aktienkurs hat seit Jahresbeginn um 60% zugelegt.

Interview Seite 9

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