Tencent spielt Christkind
Offiziell gibt es in China kein Weihnachtsfest. Für die leidgeprüften Aktionäre des von Pekinger Regulatoren hart angefassten Internetriesen Tencent aber hagelt es plötzlich unerwartete Geschenke, die Feststimmung aufkommen lassen. Tencent reduziert ihre ansehnliche Beteiligung an Chinas zweitgrößtem Onlinehändler JD.com von 17 auf gut 2% und reicht ein JD-Paket im Wert von fast 15 Mrd. Euro in Form einer Sonderdividende an ihre eigenen Aktionäre weiter. Eine gänzlich ungewöhnliche Maßnahme, aber in Chinas Internet- und Technologiebranche herrschen nun einmal ungewöhnliche Zeiten.
Die chinesische Regierung hat in diesem Jahr mit einer einzigartigen politischen Machtdemonstration in Form einer allumfassenden Regulierungskampagne die führenden Techkonzerne und App-Betreiber des Landes zur Schnecke gemacht und einen Traum vernichtet. Nämlich den, dass es in China vom Staat unbehelligte turbokapitalistische Nischen gibt, in denen die noch relativ junge Technologiebranche nach eigenen Spielregeln ihre Marktmacht entfalten und die Anleger mit entsprechend formidablen Wachstumsperspektiven bei Laune halten kann.
Seit diesem Jahr aber herrschen andere Gesetze. Chinas Techriesen stehen nicht länger in der Gunst der Parteiführung und werden mit einer Endlosschleife von Regulierungsschritten immer wieder aufs Neue daran erinnert. Für die Platzhirsche Alibaba und Tencent heißt das, dass ihre Geschäftsmodelle mit einem Alleskönner-Ecosystem und weitergehender Sektorkontrolle durch gigantische Beteiligungsnetze neu überdacht werden müssen, um weiteren regulatorischen Attacken zu entgehen.
Tencent hat mit der Loslösung von JD.com, dem wichtigsten Rivalen von Alibaba im E-Commerce-Bereich, ein Zeichen gesetzt, dass man bereit ist, Geschäftsfelder aufzugeben, um es sich mit Peking nicht weiter zu verscherzen. Für die eigenen Anleger ist das ein gutes Signal. Eigentlich müssten sie darüber verschnupft sein, dass Tencent mit dem Ausstieg bei JD.com, zu dem natürlich auch die Aufgabe des Einflusses als größter Aktionär im JD-Board gehört, die Tuchfühlung zum E-Commerce-Geschäft und damit auch Monetisierungschancen auf ihren Internetplattformen verliert. In der jetzigen Zeit allerdings ist es für Tencent tatsächlich wichtiger zu bekunden, dass man mit der Rückführung von monopolistischen Anwandlungen der Pekinger Regierung weniger Angriffsfläche bietet. Damit ist zumindest für die Weihnachtszeit der Friede gesichert.