Teuerung

US-Inflation hartnäckiger als gedacht

Zum Jahresbeginn ist die Inflation in den USA nur noch leicht zurückgegangen. Die bisherigen Zinsanhebungen scheinen noch nicht richtig ihre Wirkung zu entfalten. Marktteilnehmer rechnen deshalb mit einem noch restriktiveren Kurs der Notenbanken insgesamt als bisher erwartet.

US-Inflation hartnäckiger als gedacht

Die Inflation in den USA erweist sich zu Jahresbeginn als hartnäckiger als gedacht. Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel im Januar nur minimal auf 6,4% von 6,5% im Dezember, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten mit einem stärkeren Rückgang auf 6,2% gerechnet. Es ist bereits der siebte Rückgang in Folge und zugleich der niedrigste Wert seit Oktober 2021. Doch das Ziel der Notenbank Federal Reserve von einer Teuerungsrate von 2,0% bleibt noch immer weit entfernt. Mit den neuen Inflationsdaten wird von Seiten der Fed nun ein restriktiverer Kurs als bisher erwartet wahrscheinlicher, mit Potential für weitere Leitzinsanhebungen. Zugleich sinkt die Wahrscheinlichkeit sogar erster US-Leitzinssenkungen im späteren Jahresverlauf.

An den Finanzmärkten sorgten die mit Spannung erwarteten Daten deshalb für deutliche Bewegung, die jedoch nicht immer nachhaltig waren. Der US-Dollar profitierte von den Daten, der Euro geriet leicht unter Druck. Am Kapitalmarkt legten die Renditen von US-Staatsanleihen zu – ein Hinweis auf die Erwartung weiterer Fed-Zinsanhebungen. Die Aktienmärkte nahmen die Zahlen negativ auf.

Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant Eurostoxx50 drehen knapp eine Stunde nach der Veröffentlichung der US-Preisdaten ins Minus. Der Dax liegt damit bei 15.388 Punkte, zuvor hatte er bei 15.471 Punkten gelegen. Der Eurostoxx notiert auf 4240 Zählern von zuvor 4263 Zähler. Damit verzeichnen die beiden Indizes Verluste von je 0,6% seit der Bekanntgabe der Inflationsdaten.

Mieten treiben die Preise

Im Monatsvergleich stiegen die Verbraucherpreise um 0,5%. Besonders deutlich legten die Mieten zu, die laut Ministerium fast die Hälfte des monatlichen Anstiegs ausmachten. Lebensmittel, Kraftstoffe und Erdgas waren ebenfalls teurer. Die Kerninflation, die ohne volatile Energie- und Lebensmittelpreise berechnet wird, betrug im Jahresvergleich 5,6% und im Monatsvergleich 0,4%. Auch hier war die Jahresrate rückläufig, sie sank jedoch ebenfalls nicht so deutlich wie erwartet.

Druck auf die Fed bleibt bestehen

Im Kampf gegen die hohe Inflation erhöhte die Fed den Leitzins vor der Jahreswende um einen Viertel Prozentpunkt auf die Spanne von 4,50 bis 4,75%. Damit nahm sie nach einer Serie eher großer Zinsschritte etwas Tempo heraus. An den Terminmärkten wird nunmehr damit gerechnet, dass die Fed die Zinsen noch mindestens zwei Mal anheben wird und der Zinsgipfel dann bei 5,00 bis 5,25% erreicht sein dürfte.

Da der Arbeitsmarkt noch stark sei und die Inflationsraten noch immer auf verhältnismäßig hohem Niveau, müssen die US-Währungshüter nach Ansicht des VP Bank Chefökonomen Thomas Gitzel weiter ihren Willen zu Zinsanhebungen bekunden: „Wenn sich aber in den kommenden Monaten die Konjunkturaussichten deutlicher eintrüben und gleichzeitig die Teuerungsraten weiter signifikant fallen, ist in den Frühjahrsmonaten der Zeitpunkt gekommen, ab dem die Fed von weiteren Zinsanhebungen absehen kann.“

Die Inflation in den USA lasse zwar nach, aber nur langsam, so das Fazit der Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner und Christoph Balz: „Die US-Notenbank kann daher noch nicht zufrieden sein.“ Die Experten verweisen darauf, dass sich der rückläufige Inflationstrend vor allem aus der Beruhigung der Energiekosten und der Preise für Waren ohne Energie und Nahrungsmittel speist. „Letztere waren während der Pandemie stark gestiegen, weil die Nachfrage sich von Dienstleistungen wie Kinobesuchen auf Waren wie Möbel und Elektronikgeräte verschoben hatte, während gleichzeitig Lieferkettenprobleme das Angebot beeinträchtigten.“ Einen stärkeren Rückgang der Inflation hätten bisher die Dienstleistungen verhindert: „Wichtigster Posten sind hier die Mieten, die auch im Januar wieder kräftig zulegten.“

Kerninflation entscheidend

Nicht nur die Fed hat von Haus aus primär die Kerninflation im Blick, sondern auch andere Notenbanken wie die EZB blicken darauf, weshalb sie, wie Robert Grell, Chefstratege bei Merck Finck, der entscheidende Signalgeber für die weitere geldpolitische Entwicklung sein werde. Während in der Eurozone die Gesamtinflation im Januar von 9,2% auf 8,5% gefallen war, verharrte die Kerninflation mit 5,2% auf dem höchsten Stand seit der Einführung des Euros. Insofern, so Grell, bestehe das Risiko, dass nicht nur die Fed, sondern auch die EZB ihre Geldpolitik in nächster Zeit restriktiver mit möglicherweise mehr Leitzinsanhebungen gestaltet als von den Märkten bislang erwartet. Grell rechnet vor diesem Hintergrund, anders als manche andere Marktteilnehmer, für dieses Jahr nach wie vor weder bei der Fed noch bei der EZB mit ersten Leitzinssenkungen.

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