MGM

Amazon nimmt James Bond ins Visier

Amazon arbeitet am Ausbau des Filmangebots der Streamingtochter Prime Video. Für das Filmstudio MGM will der Konzern wohl bis zu 9 Mrd. Dollar auf den Tisch legen. Es winkt der James-Bond-Filmkatalog.

Amazon nimmt James Bond ins Visier

scd Frankfurt

Im Streaming-Wettstreit mit Platzhirsch Netflix und dem Newcomer Disney+ ist Prime Video von Amazon zuletzt ins Hintertreffen geraten – insbesondere mit Blick auf den Inhalte-Katalog. Nun plant der weltgrößte Online-Händler aber offenbar den Gegenschlag. Wie die „Financial Times“ berichtet, hat der US-Konzern Gespräche mit dem Filmstudio MGM aufgenommen, das für 9 Mrd. Dollar übernommen werden könnte. Zu dem üppigen Franchise-Katalog der 1924 gegründeten Filmproduktions- und -verleihgesellschaft zählen die „Rocky“-Boxfilmreihe, „Der Hobbit“ und vor allem „James Bond“.

Disney+ enteilt

Vor allem gegenüber Disney+ könnte die Übernahme Amazon helfen. Die Streaming-Tochter des Unterhaltungskonzerns Walt Disney zählt nach knapp einem Jahr bereits mehr als 100 Millionen Abonnenten, wächst deutlich schneller als Amazon und besticht neben den eigenen Trickfilmen mit erfolgreichen Filmreihen wie „Star Wars“, der Erfolgsserie „Die Simpsons“ und den zahlreichen Filmen aus dem „Marvel“-Comic-Universum.

Für MGM wäre es der erhoffte Befreiungsschlag nach einem Krisenjahr, das den Umsatz an den wegen Lockdown-Bestimmung über weite Teile des Jahres geschlossenen Kinokassen weltweit um fast drei Viertel einbrechen ließ. Die Premiere des neuen James-Bond-Films „Keine Zeit zu sterben“ wurde zunächst wegen der Produktionsverzögerungen und der Pandemie bereits fünfmal verschoben. Nun soll der Film am 30. September in Großbritannien und am 8. Oktober in den USA in die Kinos kommen.

MGM hatte vergangenes Jahr Gespräche mit Apple und Netflix über eine mögliche exklusive Streaming-Premiere von „No Time to Die“ geführt. Diese waren im Herbst dann wohl aber an den exorbitanten Preisvorstellungen des Filmstudios gescheitert. Rund 600 Mill. Dollar soll Metro-Goldwyn-Mayer verlangt haben, um den neuesten „007“-Streifen statt ins Kino exklusiv zuerst über eine Streaming-Plattform auszustrahlen. Das war Amazon offenbar zu teuer. Der vorherige Teil „Spectre“, den Sony Entertainment vertreiben durfte, hatte knapp 900 Mill. Dollar Kinoumsatz erzielt.

Nun könnte Amazon sich die Rechte sichern, die sich Apple und Netflix letztlich nicht sichern konnten, und darüber hinaus die lukrativen Verwertungsrechte an der gesamten James-Bond-Reihe inklusive der Titel, die von Sony Entertainment in den vergangenen Jahren ins Kino gebracht worden waren.

Amazon stellt sein Unterhaltungsgeschäft mit der Rückkehr des langjährigen Geschäftsführers Jeff Blackburn ohnehin neu auf. Blackburn zählte zu einer ganzen Reihe von Managern, die das Unternehmen verließen, weil sie mit ihrer Vergütung unzufrieden waren. Er verließ Amazon kurzzeitig, um sich der Silicon-Valley-Venture-Capital-Firma Bessemer Venture Partners anzuschließen, kommt nun aber zurück, um in neuer Rolle die gesamte Unterhaltungsmedien-Sparte zu leiten, die neben Prime Video Amazon Studios und die Videospiel-Streaming-Site Twitch umfasst.

Kaum unabhängige Studios

Für Amazon wäre die Übernahme von MGM der größte Kauf seit der Akquisition der Edel-Supermarktkette Whole Foods für knapp 14 Mrd. Dollar im Jahr 2017. Sehr viel Auswahl bleibt Amazon nicht. MGM ist eines der letzten großen Filmstudios, das sich seine Unabhängigkeit von größeren Medienkonzernen bewahrt hat. Warner Bros. ist noch Teil von AT&T und soll bald mit Discovery zusammengehen. Walt Disney Co. hat 20th Century Fox übernommen. Paramount gehört zu ViacomCBS, und Universal Pictures ist Teil von Comcast.