Kapitalspritze

Attacke auf Platzhirsch Auto1

Der Online-Gebrauchtwagenmarktplatz Carnext will den deutschen Markt aufrollen. Die niederländische Mutter Leaseplan gliedert das Unternehmen aus und gibt ihm eine Kapitalerhöhung von 400 Mill. Euro mit.

Attacke auf Platzhirsch Auto1

ak Köln

Mit einer dicken Kapitalspritze im Rücken will der Online-Gebrauchtwagenmarktplatz Carnext in Deutschland angreifen. Am Dienstag gab die Muttergesellschaft, der niederländische Autoleasing-Anbieter Leaseplan bekannt, seine Tochter auszugliedern und vollständig auf eigene Füße zu stellen. Carnext erhält von den Eigentümern eine Kapitalerhöhung von 400 Mill. Euro und will damit das Wachstum beschleunigen.

Eigner von Leaseplan und Kapitalgeber von Carnext ist ein Investorenkonsortium unter Führung von TDR Capital, zu dem auch der Staatsfonds von Abu Dhabi, Goldman Sachs, der Staatsfonds von Singapur GIC und die dänischen Pensionsfonds PGGM und ATP gehören.

Im strategisch wichtigen deutschen Markt schaltet Carnext auf Angriff: „Ziel ist, Ende des Jahres auch in Deutschland größter Online-Gebrauchtwagenmarktplatz zu sein“, kündigte das Unternehmen am Dienstag selbstbewusst an.

Carnext will an das rasante Wachstum in Frankreich anknüpfen. Dort sieht sich das Unternehmen als größter Online-Gebrauchtwagenmarktplatz. Das Verkaufsvolumen habe sich in Frankreich im vergangenen Jahr verdreifacht, hieß es.

In Deutschland will Carnext in der kommenden Woche eine neue Markenkampagne starten, die die Be­kanntheit des Marktplatzes deutlich steigern soll. Der deutsche Markt habe Top-Priorität, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.

Damit attackiert Carnext den hiesigen Platzhirschen Auto1, dem im Februar der Börsengang mit einem Emissionsvolumen von 1,8 Mrd. Euro gelang und der inzwischen in den MDax aufgestiegen ist. Während Auto1 die europaweit verkaufte Zahl von Gebrauchtwagen im vergangenen Jahr mit 457000 angibt, hat Carnext nach eigenen Angaben 2020 rund 240000 Autos verkauft. Das Gros geht dabei über eine B2B-Auktionsplattform und eine digitale Händler-App; ein Sechstel der Fahrzeuge wurde direkt an Endkunden vermittelt.

Zur Bewertung von Carnext wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Auch der Frage nach einem Börsengang weichen die Niederländer derzeit aus. Dabei haben IPOs von Gebrauchtwagenplattformen 2021 Hochkonjunktur. Zuletzt ist Mitte Juni der französische Online-Gebrauchtwagenhändler Aramis an die Börse gerollt, hinter dem als Mehrheitsaktionär der aus der Fusion von PSA und Fiat Chrysler entstandene Autobauer und Opel-Mutterkonzern Stellantis steht. Im Frühjahr war der noch deutlich kleinere britische digitale Gebrauchtwagenhändler Cazoo über die Fusion mit dem US-Spac Ajax an die Börse gekommen. Ende des Jahres will Cazoo auch in Deutschland und Frankreich am Markt sein.

Für die Eigentümer der Carnext-Mutter Leaseplan dürfte die Verselbstständigung der Tochter den Exit-Plan B darstellen. Leaseplan sollte eigentlich bereits 2018 an die Börse gebracht werden; die IPO-Pläne waren damals aber im Oktober wegen schlechter Marktbedingungen abgesagt worden. Seinerzeit hatten die Investoren auf eine Bewertung von 7,5 Mrd. Euro für Leaseplan gehofft, in einem Bloomberg-Bericht aus diesem Frühjahr wurde jetzt über einen Wert von 10 Mrd. Euro für das gesamte Unternehmen (einschließlich Carnext) spekuliert.