Halbleiterknappheit

Autozulieferern geht in der Krise langsam das Geld aus

Während Autohersteller in der Chipkrise einfach auf Modelle umschwenken, die hohe Margen abwerfen, haben ihre Zulieferer das Nachsehen. In ihren Lagern stapeln sich Bauteile für all jene Fahrzeuge, deren Produktion derzeit keinen Vorrang hat.

Autozulieferern geht in der Krise langsam das Geld aus

kro Frankfurt

Die Folgen der Corona-Pandemie und der teure Wandel hin zur Elektromobilität bringen europäische Automobilzulieferer immer stärker an die Grenze ihrer finanziellen Belastungsfähigkeit. Die Auftragsbücher seien zwar voll, heißt es in einer Analyse des Beratungsunternehmens Alix Partners, das die Finanzkennzahlen von 36 europäischen, börsennotierten Autozulieferern von Anfang 2018 bis zum dritten Quartal 2021 ausgewertet hat. Doch führten der massive Mangel an Chips und anderen wichtigen Rohstoffen sowie die damit einhergehenden Preissteigerungen zu einem unvorhersehbaren Abrufverhalten der Autohersteller und somit zu großen Schwierigkeiten bei der Kapazitäts- und Produktionsplanung.

„Die Lager vieler Zulieferer sind voll mit Fertigprodukten, die nicht abgerufen werden“, schreiben die Autoren um Karsten Lafrenz, Restrukturierungsexperte und Managing Director bei Alix Partners. Das liege zum Teil daran, dass sich die Autohersteller in der Krise verstärkt auf die Produktion margenstarker Fahrzeuge konzentrieren, um ihrerseits die insgesamt rückläufige Produktion von Autos finanziell auszugleichen.

Die Berater schätzen, dass wegen der fehlenden Halbleiter im vergangenen Jahr weltweit mehr als acht Millionen Fahrzeuge nicht produziert wurden. Auf diese nicht gebauten Autos haben die Zulieferer ihre Planungen aber ausgerichtet und sich wegen der Rohstoffknappheit auch noch zusätzlich mit entsprechenden Vorprodukten eingedeckt. Und die Bestellungen werden auch sukzessive geliefert, so die Autoren. Seit Anfang 2021 steigen die Vorräte und die Bestandslaufzeiten somit wieder an, was viel Kapital bindet und die Liquidität nach und nach aufzehrt.

Inflation schmälert die Marge

Auf der anderen Seite landet bei den Zulieferern wegen der extremen Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen wie Stahl und Aluminium auch immer weniger Geld in der Kasse. Den Tiefpunkt in Sachen Profitabilität bildete bei den 36 betrachteten Unternehmen das zweite Quartal 2020, als die Ebit-Marge hier im Durchschnitt bei −9 % lag. Die Branche konnte sich davon dank höherer Umsätze zwar schnell erholen. Seit Anfang 2021 geht es mit den Umsätzen und der Marge allerdings wieder zunehmend bergab.

Die Erlöse seien im vergangenen Jahr nicht wieder auf dem Vorkrisen-Niveau angelangt, heißt es. Gleiches gelte für die Verschuldungsgrade, die im Vergleich zu den Höchstständen aus dem Jahr 2020 zwar reduziert wurden, aber noch deutlich über den Werten aus 2018 lägen. So belief sich das Verhältnis von Nettoverschuldung zum Eigenkapital im dritten Quartal 2021 auf 53 %. Ende 2018 waren es 45 % und Anfang 2018 sogar nur 38 %.

Die Experten rechnen damit, dass sich die Engpässe in der Halbleiterproduktion spätestens im kommenden Jahr auflösen. Dies könne zu einem überproportionalen Aufholeffekt führen, den die Zulieferer in ihrer Liquiditätsplanung berücksichtigen sollten. Zugleich könnten Nachverhandlungen mit den Autoherstellern, zum Beispiel über verbesserte Zahlungsziele, helfen, die Schuldentragfähigkeit der betroffenen Firmen zu verbessern.