Luka Mucic

„Bei Signavio sehen wir bereits klare Synergieeffekte“

SAP-Finanzvorstand Luka Mucic erklärt im Interview, wie die Integration des Geschäftsprozesse-Spezialisten Signavio vorankommt und warum es nicht schlecht ist, dass die Lizenzerlöse weiter sinken dürften.

„Bei Signavio sehen wir bereits klare Synergieeffekte“

Sebastian Schmid.

Herr Mucic, SAP hat Anfang des Jahres mit „Rise with SAP“ ein Programm gestartet, das den Kunden helfen soll, schneller in die Cloud zu migrieren. Wie wird das angenommen?

Wir sind definitiv sehr zufrieden und sehen das auch im Current Cloud Backlog unseres ERP-Kernprodukts S/4Hana, der im ersten Quartal schon um 43% und jetzt um 48% zugelegt hat. Beim Transformationsangebot „Rise with SAP“, das wir im Januar bekannt gegeben hatten, waren wir schon sehr zufrieden mit den hundert Verträgen, die wir in den zwei Monaten nach dem Launch abgeschlossen haben. Im zweiten Quartal sind über 250 weitere dazugekommen und wir sehen jetzt, dass auf die zunächst eher kleineren Kunden nun auch die größeren Unternehmen mit komplexeren IT-Landschaften folgen, die natürlich auch ein höheres Auftragsvolumen mitbringen. AMD, Coop Schweiz, Siemens Energy oder Etihad Airways sind ein paar repräsentative Beispiele dafür, warum wir davon ausgehen, auch im zweiten Halbjahr eine steigende Zahl größerer Engagements abschließen zu können.

Insgesamt sollen die Cloud- und Softwareerlöse um 200 Mill. Euro in der Spanne höher ausfallen. Bei der Cloud wurde wieder nur die untere Grenze nach oben verschoben. Wieso?

Der Cloud-Umsatz ist sehr klar berechenbar, denn er bildet im Prinzip die Ergebnisse der Vergangenheit ab. Der Auftragseingang eines Quartals bringt erst über die Folgequartale Umsatz. Für den Rest von 2021 rechnen wir natürlich damit, dass das starke Momentum sich fortsetzt und dann 2022 auch zu einem beschleunigten Umsatzwachstum führen wird. Das ist auch unseren Mittelfristzielen für 2025 zu entnehmen. Wir rechnen daher auch damit, dass das Lizenzgeschäft im zweiten Halbjahr weiter nachgeben wird, aber das ist auch okay. Schließlich ist das Teil unserer Strategie.

Auch der Signavio-Kauf und die Integration waren elementarer Teil dieser Strategie. Wie sind Sie da vorangekommen?

Darüber rede ich gern, weil ich ja auch die operative Verantwortung im Vorstand für Business Process Intelligence trage. Signavio hat gerade einen fantastischen Start innerhalb der SAP-Gruppe hingelegt. Wir haben die Transaktion erst Anfang März abgeschlossen. Seit Mai können wir die Signavio-Produkte als Teil von SAP vertreiben und haben trotzdem bereits im zweiten Quartal ein prozentual dreistelliges Wachstum beim Auftragseingang erreicht. Wir haben auch schon ein paar Verträge oberhalb der Millionenschwelle dabei und sehen bereits ganz klar die Synergieeffekte. Ich bin sehr zufrieden, wie gut Signavio bereits in unseren Business-Process-Intelligence-Bereich eingebunden ist. Die Kulturen der beiden Unternehmen passen wirklich sehr gut zueinander. Ich glaube nicht, dass wir es in der Vergangenheit schon einmal geschafft haben, bereits zwei Monate nach Abschluss der Transaktion das Gesamtportfolio über alle unsere Geschäftseinheiten hinweg integriert zu vertreiben. Das zeigt den starken Willen von Signavio, Teil der SAP-Familie zu werden.

Wie weit sind Sie mit Ihrem anderen Joint Venture Fioneer, in dem Partner Dediq im Lead sein soll?

Der Abschluss soll weiter im September stattfinden. Die regulatorischen Freigaben haben wir auch alle schon. Was jetzt noch aussteht, ist, dass unsere Mitarbeiter das Angebot zum Wechsel zu Fioneer annehmen. Hierfür haben die Mitarbeiter noch Zeit bis Ende August. Ansonsten ist alles so weit vorbereitet.

Wie fällt denn die Bereitschaft aus, das Angebot anzunehmen?

Dazu kann ich noch nichts sagen. Das Angebot wurde gerade erst gestartet, aber ich bin optimistisch, dass die Mitarbeiter die Vorteile des Wechsels erkennen. Wir haben viel Zeit darauf verwendet, die Strategie hinter diesem Schritt zu erklären. Die Mitarbeiter haben jetzt auch Transparenz, wer sie zukünftig führen wird und wo es hingehen soll.

Für Ihre anderen Beteiligungen, bei denen Sie weniger involviert sind, ist es auch wieder sehr gut gelaufen. Sapphire Ventures hatte ein starkes Quartal mit fast einer Milliarde Ergebnisbeitrag, und jetzt legen Sie einen weiteren Fonds auf. Wie viel haben Sie mittlerweile investiert?

Das können Sie relativ einfach der Bilanz entnehmen. Unsere Non-Current Financial Assets machen im Prinzip die Unternehmen aus, in die Sapphire Ventures investiert ist, weil wir ansonsten bisher ja kaum Minderheitenbeteiligungen verfolgen. Aktuell reden wir da über circa 4,5 Mrd. Euro. Dazu kommen dann noch weitere Kapitalzusagen für zukünftige Investments aus den bestehenden Fonds und jetzt eben noch der zusätzliche Fonds mit 1,75 Mrd. Dollar, zu dem wir uns im zweiten Quartal entschieden haben. Das heißt, wenn das alles mal ausinvestiert ist, wird dies ein hoher einstelliger Milliardenbetrag sein.

Kommen wir zum Thema ESG. Im vergangenen Jahr hat SAP die Integration von Nachhaltigkeitszielen und deren Nachverfolgung in die Unternehmenssteuerung aufgenommen. Ist das mittlerweile global ein verkaufsförderndes Thema oder primär noch in Europa?

Es ist schon richtig, dass das Thema vor allem in Europa schon länger im Fokus steht, aber wir sehen jetzt mittlerweile in einigen asiatischen Ländern ebenfalls eine gestiegene Fokussierung. Ich war gerade Ende letzter Woche bei einer spannenden Konferenz mit über 100 japanischen CEOs und CFOs, in der das Thema ganz oben auf der Agenda stand. Auf die Frage, warum wir uns eigentlich auf Nachhaltigkeit fokussieren sollten, haben praktisch alle geantwortet, weil es wichtig für die langfristige Geschäftsentwicklung ist. Das zeigt: Da tut sich mittlerweile wirklich einiges. Und in Nordamerika sehen wir langsam auch einen Wandel. Ob unterstützt durch den politischen Wandel der letzten Monate, das kann ich nicht beurteilen, meine aber auch, dass das sicher nicht geschadet hat.

Das Interview führte

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