Börsengänge

Birkenstock soll am oberen Ende der Preisspanne an die Börse kommen

Am Dienstag nach Börsenschluss legt Birkenstock den Ausgabepreis für die Aktien fest. Am oberen Ende der Spanne ergäben sich ein Emissionserlös von 1,6 Mrd. Dollar und eine Marktkapitalisierung von 9,2 Mrd. Dollar.

Birkenstock soll am oberen Ende der Preisspanne an die Börse kommen

Birkenstock soll am oberen Ende der Preisspanne kommen

Emissionserlös läge dann bei mindestens 1,6 Mrd. Dollar – Bewertung fällt mit 20-mal Ebitda sehr hoch aus

cru Frankfurt

Trotz des schwierigen Marktumfelds will der Sandalenhersteller Birkenstock bei seinem Börsengang in New York die Preisspanne voll ausreizen. Die Traditionsfirma aus Linz am Rhein hat sich laut Finanzkreisen voraussichtlich genügend Zusagen von Investoren gesichert, um den Preis am oberen Ende der Spanne von 44 bis 49 Dollar pro Aktie festzulegen. Federführend mit dem IPO an der Nyse betraut sind Goldman Sachs, J.P. Morgan und Morgan Stanley. Entschieden wird am Dienstag (10. Oktober) nach Börsenschluss. In Deutschland dürfte dagegen nach dem Platzen des Renk-IPO auch der geplante Börsengang des Tankkartenanbieters DKV Mobility vorerst flachfallen.

Bei einem Ausgabepreis von 49 Dollar würde die Emission der 32,2 Millionen Birkenstock-Aktien 1,6 Mrd. Dollar Erlös einspielen – davon zwei Drittel aus bestehenden Aktien für die Alteigentümer, vor allem den US-Finanzinvestor L Catterton sowie den französischen Milliardär Bernard Arnault – und ein Drittel aus neuen Aktien für den Abbau von 400 Mill. Euro der 1,8 Mrd. Euro Schulden des Unternehmens selbst. Birkenstock würde insgesamt mit 9,2 Mrd. Dollar Eigenkapitalwert an der Börse bewertet.

Angesichts der Erfahrungen der jüngsten Börsenneulinge in New York wolle Birkenstock die Preisspanne aber nicht anheben, hieß es. Die Aktien des Chip-Konzerns Arm, des Marketingunternehmens Klaviyo und des Lieferdiensts Instacart waren zum Börsendebüt kräftig gestiegen, hatten ihre Gewinne aber zum Teil schnell wieder abgegeben, und die Kurse fielen zeitweise unter den Ausgabepreis.

Cornerstone-Investoren

Bei Birkenstock soll die Einbeziehung von Cornerstone-Investoren – insbesondere der Holding Financière Agache des Milliardärs Bernard Arnault, die Aktien für 325 Mill. Dollar zeichnet – sicherstellen, dass das IPO reibungslos über die Bühne geht. Das Problem bei den letzten Börsengängen war jedoch nicht die Preisgestaltung, sondern die Performance nach dem Börsengang. Ein Unterschied zu den anderen IPOs besteht darin, dass der Free Float nach dem IPO bei für die USA ungewöhnlich hohen 17% liegt, so dass die Cornerstone-Tranche die Liquidität nicht beeinträchtigen dürfte.

Wurzeln reichen bis 1774 zurück

Das Traditionsunternehmen, an dem die Gründerfamilie nur noch mit 15% beteiligt ist und dessen Wurzeln bis in das Jahr 1774 zurückreichen, hatte in der vergangenen Woche den Startschuss für die Emission gegeben. Bei 49 Dollar je Aktie wäre Birkenstock nicht gerade ein Schnäppchen, da das obere Ende der Preisspanne dem Sandalenhersteller einen Unternehmenswert inklusive Schulden von 10,4 Mrd. Dollar verleiht – mehr als das Doppelte des Betrags von 4,8 Mrd. Dollar, den L Catterton 2021 für die Firma zahlte. Birkenstock wird als hochwertiges, wachstumsstarkes Konsumgüterunternehmen nach dem Vorbild des kanadischen Einzelhändlers für Sportbekleidung Lululemon Athletica und des kalifornischen Schuhherstellers Deckers vermarktet.

21 Prozent Umsatzplus

Als Karl Birkenstock 1963 das von seinem Großvater Konrad erfundene "Fußbett" in eine Gesundheitssandale umwandelte, war dies nicht sofort ein Erfolg. Doch 60 Jahre später, nachdem unter anderem Steve Jobs zum Birkenstock-Fan wurde, rechtfertigen die Wachstumszahlen eine milliardenschwere Bewertung. "Birkenstock ist mehr als ein Schuh. Es ist eine Art zu denken, eine Art zu leben", verkündet CEO Oliver Reichert in der IPO-Unterlage.

In den neun Monaten bis zum 30. Juni 2023 stieg der Umsatz – befeuert vom Auftritt der Sandalen am Fuß der Hauptdarstellerin im aktuellen "Barbie"-Kinofilm – um 21,3% auf 1,1 Mrd. Euro, nur 10% davon außerhalb Amerikas und Europas. Und Birkenstock erzielte einen operativen Gewinn (Ebitda) von 387 Mill. Euro bei einer Marge von 35%. Im Vorjahr waren es noch 333 Mill. Euro Ebitda gewesen. Für die zwölf Monate bis Ende September 2023 werden ein Umsatz von 1,4 Mrd. Euro und ein Ebitda von 500 Mill. Euro erwartet – also eine Marge von rund 36%.

Unter der Annahme, dass der Preis für die Aktien am oberen Ende der Spanne festgelegt wird, käme Birkenstock mit einer Bewertung von etwa dem 20-Fachen des Ebitda an die Börse. Zum Vergleich: In Deutschland war in der vergangenen Woche der Panzergetriebehersteller Renk mitten im Krieg Russlands gegen die Ukraine mit einer beinahe nur halb so hohen Bewertung bei den Investoren als zu teuer durchgefallen, und der Finanzinvestor Triton musste deshalb das Debüt in letzter Minute stoppen.

Lululemon wird mit dem 20,8-Fachen des Ebitda gehandelt und Deckers, der Hersteller von Hoka-Laufschuhen, mit dem 17,2-Fachen. Bei der derzeitigen Wachstumsrate und einer ähnlichen Ebitda-Marge sinkt die zukünftige Bewertung von Birkenstock auf das 17,5-Fache des Ebitda – im Vergleich zum 18,7-Fachen bzw. 16-Fachen für Lululemon und Deckers.

Kurse gehen mit der Mode

Andere vergleichbare Unternehmen wären der kalifornische Schuhriese Skechers, der Schweizer Laufschuhspezialist On und die kalifornische Ökoschuhfirma Allbirds, deren Kurs seit dem Börsengang 2021 um mehr als 90% nachgegeben hat. Auch der Kurs der britischen Schuhfirma Dr Martens, die ebenfalls 2021 an die Börse ging, hat sich im Laufe des zurückliegenden Jahres halbiert.

Die Beispiele zeigen: Schuhhersteller haben so lange an der Börse Erfolg, bis der wachsende Absatz irgendwann zu Überdruss und Langeweile der Kunden führt und die Marke aus der Mode kommt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.