Wettbewerbsrecht

Brüssel knöpft sich erneut Microsoft vor

Europas Wettbewerbshüter befassen sich wieder einmal mit Microsoft – und auch wieder mit der Frage, ob die Bündelung von Diensten gegen Kartellrecht verstößt. Konkret geht es um die Einbindung von Teams in Office 365.

Brüssel knöpft sich erneut Microsoft vor

Brüssel knöpft sich wieder einmal Microsoft vor

Wettbewerbshüter prüfen Einbindung von Teams in Firmensoftware wie Office 365 – “Vorrangige” Untersuchung

hei/fed Frankfurt

Europas oberste Wettbewerbshüter beschäftigen sich einmal mehr mit der Bündelung von Dienstleistungen und der Frage, ob damit gegen EU-Kartellrecht verstoßen wird. Die EU-Kommission hat ein förmliches Verfahren gegen den US-Softwarekonzern Microsoft eingeleitet, der mit solchen Praktiken bereits in der Vergangenheit Anstoß erregt hat.

Anlass ist eine Beschwerde des Konkurrenten Salesforce, der über seinen webbasierten Bürokommunikationsdienst Slack mit der Microsoft-Kollaborationssoftware Teams im Wettbewerb steht. Brüssel will nun untersuchen, ob Microsoft gegen EU-Recht verstößt, weil der Konzern Teams mit seinen Firmenplattformen Office 365 und Microsoft 365 verknüpft hat. Teams bietet Funktionen wie Nachrichtenübermittlung, Anrufe, Videobesprechungen und die gemeinsame Nutzung von Datensätzen an.

Microsoft-Fall wird “vorrangig behandelt”

Die EU-Wettbewerbshüter machen sich Sorgen, dass Microsoft ihre herausragende Position im Markt für Produktivitätssoftware missbrauchen könnte, indem es den europäischen Wettbewerb bei Kommunikations- und Kooperationsprodukten wie Teams und Slack einschränkt. Insbesondere gibt es Bedenken, dass Microsoft der konzerneigenen Teams-Plattform einen Wettbewerbsvorteil gewährt, indem Kunden die Wahl genommen wird, ob sie Zugang zu diesem Produkt haben, wenn sie Office 365 abonnieren. Denn solche Praktiken könnten sich als wettbewerbswidrige Bündelung erweisen.

Dass die EU-Kommission dem Verfahren große Bedeutung beimisst, signalisiert sie mit dem Hinweis, dass die „eingehende Untersuchung vorrangig behandelt“ wird. Anders als bei der Fusionskontrolle gibt es bei Marktmissbrauchsuntersuchungen jedoch keine Frist.

Microsoft will Bedenken ausräumen

Microsoft hatte sich bereits bemüht, die Bedenken der EU-Kommission auszuräumen. Reuters zufolge hatte der US-Konzern angeboten, den Preis seines Office-Produkts ohne die Teams-App zu senken. Denn eine mangelnde Preistransparenz gehört zu den Hauptkritikpunkten der Kartellwächter. Die gänzlich “kostenlose” Integration von Teams in global führende Microsoft-Produkte wie Office verzerrt demzufolge den fairen Wettbewerb. Slack hatte die Praxis mit scharfen Worten kritisiert: “Microsoft hat die marktbeherrschende Stellung der Office-Suite auf illegale Weise missbraucht, um sein Produkt Teams einzubinden, die Installation auf Millionen von Geräten erzwungen und das Entfernen der Software erschwert sowie die wahren Kosten für die Unternehmen verschleiert”, schrieb das damals noch selbständige Unternehmen an die EU. Der Branchenverband Cloud Infrastructure Service Providers in Europe (CISPE) hatte sich der Beschwerde angeschlossen und mehr Druck angemahnt.

Indes kommt die “vorrangige” Untersuchung der Kommission wieder einigermaßen spät. Die Marktanteile bei Kollaborationssoftware haben sich bereits deutlich verschoben, indem Teams am Wettbewerb vorbeizog. Die Software hat geschätzt inzwischen mindestens 300 Millionen Nutzer. Noch 2020, als die Pandemie den neuen Softwareprogrammen den Weg ebnete, bestimmten Teams, das von Cisco entwickelte Webex und Zoom den Großteil des Marktes, während zugleich auch kleinere Player eine Rolle spielten. 2021 war Webex bereits auf rund 13% abgerutscht, und Teams schickte sich an, den damaligen Marktführer Zoom (30%) zu überholen.

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