Milliardenübernahme

Bundesregierung will Viessmann-Deal prüfen

Ein Grund für den Verkauf des Familienunternehmens Viessmann in die USA ist offenbar der hohe Kapitalbedarf für die Expansion des Wärmepumpengeschäfts von 1 Mrd. Euro. Laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) muss die Bundesregierung den Fall Viessmann genau unter die Lupe nehmen.

Bundesregierung will Viessmann-Deal prüfen

Bund will Viessmann-Deal prüfen

Klimaanlagenhersteller Carrier Global greift nach hessischer Wärmepumpen-Familienfirma

cru Frankfurt

Der Heizungskonzern Viessmann könnte schon bald für einen Milliardenbetrag den Besitzer wechseln. Das Kerngeschäft des Familienunternehmens mit Klimatechnik, das mit 11 Mrd. Euro bewertet wird, könnte vom US-Klimaanlagenhersteller Carrier Global übernommen werden. Das wird aus Finanzkreisen bestätigt. Ein Sprecher des Unternehmens aus Allendorf an der Eder lehnte am Dienstag jeden Kommentar ab. Viessmann wird bei dem Deal nach Informationen der Börsen-Zeitung von Goldman Sachs beraten.

Ein Grund für den Verkauf ist offenbar der hohe Kapitalbedarf für die Expansion des Wärmepumpengeschäfts von 1 Mrd. Euro. Laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) muss die Bundesregierung den Fall Viessmann genau unter die Lupe nehmen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) werde das analysieren, sagte Lindner bei einer Veranstaltung des Wirtschaftsforums der SPD in Berlin. Firmen müssten bei der Gesetzgebung mitkommen. „Denn ein Gesetz ist schneller geändert als eine Produktionsstraße.“ Viessmann gehörte mit rund 14.500 Beschäftigten bislang zu den Gewinnern der Klimawende insbesondere im Gebäudebereich. Für den Carrier-Konzern mit 53.000 Beschäftigten würde die Übernahme auch einen erleichterten Vertrieb in Deutschland über das Handwerkernetz von Viessmann bedeuten. Wärmepumpen gelten gerade in Deutschland als bevorzugte Heizungsform der Zukunft, nachdem die Energiewende nach den Vorstellungen der Bundesregierung das Aus für Gas- und Öl-Heizungen bringen soll. Das 1917 von Johann Viessmann gegründete Unternehmen hat 2022 den Umsatz nach eigenen Angaben um 19% auf den Rekordwert von 4 Mrd. Euro gesteigert, gut die Hälfte davon wurde im Ausland erwirtschaftet. Entscheidender Treiber war das dynamische Wachstum bei Wärmepumpen, die schnell konventionelle Heizungen ablösen sollen.

Sowohl der Vorstandsvorsitz als auch der Aufsichtsrats-Chefposten sind in Familienhand. 2018 übernahm der Sohn von Aufsichtsratschef Martin Viessmann, Maximilian Viessmann, als Co-CEO, gemeinsam mit Joachim Janssen, die Führung des Unternehmens. Das Vermögen der Familie wird auf rund 4 Mrd. Euro geschätzt. Carrier Global will mit der Übernahme das Geschäft internationalisieren. Von zuletzt 20,4 Mrd. Dollar Umsatz kommen bisher 60% aus Nord- und Südamerika und nur 23% aus Europa. Das Unternehmen Carrier war 2020 entstanden, als der Mischkonzern United Technologies sich in drei Firmen für Flugzeugtechnik (Raytheon), Aufzüge (Otis) und Klimatechnik (Carrier) aufspaltete.

Die Gründer-Familie Viessmann hatte sich zuletzt aus der operativen Steuerung des Bereichs Klima-Lösungen zurückgezogen und auf die Führung der Viessmann-Unternehmensgruppe konzentriert. Hierzu gehören noch Kältelösungen, Beteiligungen, Immobilien sowie Stiftungen und eine Digitalsparte, die alle nicht von dem geplanten Verkauf betroffen sein sollen. Weitere Anbieter könnten zu Übernahme-Kandidaten werden. Die CDU-Politikerin Julia Klöckner bezeichnete es als „schade“, dass ein wichtiger und zukunftsträchtiger Technologiebereich in US-Hand übergehe. Ein möglicher Verkauf sei aber eine freie unternehmerische Entscheidung.