Mehr als fünf Jahre nach den ersten Testflügen des in China entwickelten Mittelstrecken-Passagierjets Comac C919 ist es am Freitag zur ersten förmlichen Auslieferung einer C919-Maschine an die staatskontrollierte Fluggesellschaft China Eastern gekommen. Das vor 14 Jahren gestartete, aber gewal­tigen Verzögerungen ausgesetzte Prestigeobjekt wird von der Staatsführung als Durchbruch für Chinas zivile Luftfahrtindustrie gefeiert.

In einer im Staatsfernsehen übertragenen Zeremonie am Flughafen Shanghai Pudong wurde der Maschine das Flugtauglichkeitszertifikat und die offizielle Registrierung erteilt, womit nun ein Einsatz im innerchinesischen Linienbetrieb von China Eastern theoretisch möglich wird. Allerdings sind weitere Testprogramme vorgesehen, so dass ein regulärer Einsatz im kommerziellen Flugbetrieb erst ab Frühjahr 2023 erwartet werden kann. Die wie auch der Staatskonzern Comac in Schanghai beheimatete China Eastern hat sich als erster chinesischer Carrier dazu verpflichtet, den heimisch gebauten Passagierjet einzusetzen, und wird im Laufe des nächsten Jahres zunächst vier weitere Maschinen bekommen. Damit wird die C919 auf absehbare Zeit auch bei China Eastern nur eine höchst untergeordnete Rolle im Flottenkonzept spielen.

China verbindet mit dem Passagierflugzeugprojekt eine größere technologische Unabhängigkeit und erhofft sich damit auch, das ewige Duopol im Weltmarkt aus Airbus und Boeing ein wenig aufbrechen zu können. Eine Zeit lang wurde die C919 als ernstzunehmende Konkurrenz für die im innerchinesischen Flug­betrieb überwiegend verwendeten Erfolgsmodelle Airbus A320 und Boeing 737 apostrophiert. Allerdings haben gewaltige Verzögerungen bei der Entwicklung und den Testprozeduren das Interesse der Fluggesellschaften an der mit niedrigeren Listenpreisen als Airbus- und Boeing-Maschinen aufwartenden C919 deutlich nivelliert und ihre Zukunft als kommerziellen Erfolgsträger in Frage gestellt.

Auch seitens Comac sieht man derzeit keine Anstrengungen, die darauf schließen lassen, dass über die wenigen fest georderten Maschinen hinaus eine Massenproduktion anzulaufen beginnt. Auf dem Papier weist Comac zwar mittlerweile Vorbestellungen für mehr als 1100 Maschinen aus, die überwiegend von staatskontrollierten chinesischen Flugleasingfirmen stammen. Daraus lässt sich allerdings noch keine echte Nachfrage erkennen, die für eine beschleunigte Produktion und Auslieferung von Comac-Passagierjets spricht.