RECHT UND KAPITALMARKT

Deutsches Recht gewährt derzeit nur lückenhaften Know-how-Schutz

Vertragliche Absicherung in Forschungs- und Entwicklungsallianzen nötig

Deutsches Recht gewährt derzeit nur lückenhaften Know-how-Schutz

Von Andrea Schmoll *)Innovationsdruck ist branchenunabhängig eine der größten Herausforderungen. Viele Unternehmen schließen sich untereinander oder mit Hochschulen zu Forschungs- und Entwicklungs-(F & E)-Kooperationen zusammen, um von Dritttechnologien zu profitieren, Entwicklungsschritte und damit Zeit zu sparen sowie Synergien zu schaffen. Die Ergebnisse zu sichern, ist eine wesentliche Herausforderung bei solchen Kooperationen. Die Risiken sind beherrschbar, wenn sie bekannt sind und durch sinnvolle Vertragsstruktur frühzeitig angegangen werden.Die in der Praxis häufigsten Kooperationsmodelle sind die Auftragsforschung, F & E-Kooperationen und Joint Ventures. Oft tauschen die Partner bereits vor Vertragsschluss sensible Geschäftsinformationen aus – zum Beispiel um zu herauszufinden, ob der andere das erforderliche Know-how hat, um das Entwicklungsziel zu verwirklichen. Dann sollten die Parteien eine Geheimhaltungsvereinbarung abschließen.Das deutsche Recht bietet derzeit nur einen sehr lückenhaften gesetzlichen Schutz von Know-how. Anders als Patente und Urheberrechte ist Know-how kein absolutes Recht, das Dritte von der Nutzung ausschließt. Schutz und Exklusivität erhält der Inhaber vor allem dadurch, dass er sein Know-how geheim hält und Dritte vertraglich zur Geheimhaltung verpflichtet. Besonders problematisch sind internationale Kooperationen, da die nationalen Regeln höchst unterschiedlich sind.In der EU wird dies deutlich verbessert werden mit der Umsetzung der Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsgeheimnisse (COM (2013) 813 final). Die Richtlinie, deren Umsetzung in Deutschland frühestens für 2015 erwartet wird, definiert den recht unbestimmten Rechtsbegriff “Geschäftsgeheimnisse”. Zudem legt sie fest, wann die Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen rechtswidrig ist und welche Rechte dem Inhaber dann zustehen. Ohne den Abschluss von Geheimhaltungsvereinbarungen wird es aber auch nach Umsetzung der Richtlinie nicht gehen. Um als Geschäftsgeheimnis im Sinne der Richtlinie qualifiziert zu werden, müssen die sensiblen Informationen Gegenstand von “den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen” sein. Dies wird so verstanden, dass explizite Vertraulichkeitsmaßnahmen oder -vereinbarungen erforderlich sind. Klare RollenverteilungVor Eintritt in die Phase der Vertragsverhandlungen sind die Rollen und Beiträge der Parteien genau zu definieren. Insbesondere sollte genau festgelegt werden, welches Know-how und welche gewerblichen Schutzrechte von den Parteien eingebracht werden. Der Vertrag sollte auch konkrete Regelungen zur Nutzung und Geheimhaltung des “Background Intellectual Property (IP)” vorsehen. Ansonsten drohen dem Inhaber Beschränkungen bei der Nutzung dieses grundlegenden Know-hows für andere Projekte.Von übergeordneter Bedeutung ist die Frage, wem die Rechte an den Ergebnissen zustehen, wer Patente etc. anmelden und verwerten darf. Dabei ist das nationale Arbeitnehmererfindungsrecht von Bedeutung. Bei Kooperationen mit Hochschulen und Hochschulbeschäftigen sind seit dem Wegfall des Professorenprivilegs Sonderregelungen zu beachten, wie das negative Publikationsrecht. Unternehmen, Hochschulen und Professoren sollten dann dreiseitige Verträge abschließen.Bei der Einräumung von Nutzungsrechten an Entwicklungsergebnissen, Exklusivitätsregelungen und Wettbewerbsbeschränkungen sind kartellrechtliche Schranken zu beachten. F & E-Verträge fallen unter Umständen in den Anwendungsbereich der Gruppenfreistellungsverordnung F & E, die einen “sicheren Hafen” für bestimmte wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen bietet. Dazu muss der F & E-Vertrag vorsehen, dass alle Vertragsparteien grundsätzlich Zugang zu den Ergebnissen haben. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn die Parteien die Verwertungsrechte im Rahmen einer Spezialisierung beschränkt haben oder ein Forschungsinstitut in der Nutzung beschränkt wird, das sich nicht mit der Verwertung von Ergebnissen befasst.Die Gruppenfreistellungsverordnung sieht bestimmte Kernbeschränkungen vor, deren Verletzung zum Verlust der Freistellung für den gesamten Vertrag führt. Insbesondere darf der Vertragspartner nicht darin beschränkt werden, F & E in einem Bereich zu betreiben, der nicht mit dem jeweiligen Projekt zusammenhängt. Die Gründung von Joint Ventures muss bei den Kartellbehörden angemeldet werden, wenn die Kooperationsparteien bestimmte Umsatzschwellen überschreiten.Wird das F & E-Projekt im Rahmen von Förderprogrammen staatlich unterstützt, sind Finanzierung und Struktur am europäischen Beihilferecht zu messen. Beihilfen müssen grundsätzlich vor ihrer Gewährung vom Mitgliedstaat angemeldet werden. Andernfalls droht die komplette Rückzahlung der gewährten Zuwendung. Der Beihilfeempfänger kann sich in der Regel nicht darauf berufen, dass er den Beihilfecharakter nicht kannte.—-*) Dr. Andrea Schmoll ist Partnerin der Kanzlei Osborne Clarke.