Londoner Kanzleien

Erbitterter Kampf um den Anwalts­nachwuchs

Sechsstellige Einstiegsgehälter sind keine Seltenheit mehr, wenn Londoner Kanzleien um Berufseinsteiger buhlen. Um mit den US-Law-Firms mithalten zu können, legen große britische Namen nach.

Erbitterter Kampf um den Anwalts­nachwuchs

hip London

Londoner Kanzleien sind in den vergangenen Monaten zunehmend unter Druck geraten, Berufsanfängern mehr zu zahlen, um mit ihren US-Rivalen mithalten zu können. Binnen zwei Wochen erhöhten mindestens acht Law Firms die Einstiegsgehälter. Nach einem langjährigen Studium dürfen angehende Juristen natürlich erwarten, angemessen entlohnt zu werden, doch ist schon erstaunlich, dass der „Law Gazette“ zufolge binnen sechs Jahren ein Anstieg um 50 % bis 60 % stattgefunden hat. Sollte sich der Trend fortsetzen, könnten Newbies Ende des Jahrzehnts 180 000 Pfund pro Jahr nach Hause tragen. Zum Vergleich: Boris Johnson bezieht derzeit ein Salär von 160 000 Pfund.

Schon heute sind sechsstellige Gehälter keine Seltenheit mehr. Ab dem kommenden Jahr erhalten frisch qualifizierte Anwälte (NQ) bei Ropes & Gray 147000 (zuvor: 130000) Pfund, wie „City A.M.“ berichtet. Die Leser der Gratiszeitung, die frühmorgens vor den U-Bahnhöfen der britischen Metropole verteilt wird, erfuhren auf dem Weg zur Arbeit, dass Reed Smith den Newbies 107500 Pfund bietet, knapp ein Fünftel mehr als zuvor – und ebenso viel wie die Magic-Circle-Kanzlei Clifford Chance. Allerdings müssen sie dafür auch eine Menge leisten. Bei Reed Smith werde erwartet, dass sie dafür 1700 Stunden ableisten, die Kunden in Rechnung gestellt werden können. Noch mehr Geld erhalte nur, wer auf mehr als 2000 Stunden komme. Einer Umfrage der Website „Legal Cheek“ zufolge dürfte das vielen Berufseinsteigern nicht schwerfallen, gehören überlange Arbeitszeiten in vielen Kanzleien doch zum Alltag. Das sorgt dafür, dass viele Einsteiger auch schnell wieder aussteigen, was den Wettbewerb um Berufsanfänger noch weiter antreibt. „Legal Cheek“ zufolge erhöhte zuletzt die Silver-Circle-Kanzlei Herbert Smith Freehills (HSF) das NQ-Grundgehalt auf 105000 Pfund. Bereits im Oktober habe HSF das Trainee-Gehalt auf 50000 (47000) im ersten Jahr und 55000 (52000) Pfund im zweiten Jahr angehoben. Zuvor hatte bereits Macfarlanes von 90000 auf 100000 Pfund aufgestockt.

Auch andere Kanzleien besserten deutlich nach, auch wenn die 100000-Pfund-Schwelle dabei noch nicht geknackt wurde. Wie „Legal Cheek“ berichtet, sollen Neueinsteiger bei Bryan Cave Leighton Paisner künftig 95000 (88000) Pfund erhalten. Das entspreche den Angeboten von Mayer Brown und Norton Rose Fulbright. Mishcon de Reya biete nunmehr 83000 (75000) Pfund. An den Arbeitsbedingungen ändert sich durch die höheren Gehälter jedoch nichts.