Chemieindustrie

Evonik strotzt vor Zuversicht

Evonik will den strammen Wachstumspfad in diesem Jahr fortsetzen. Große Unbekannte sind die Kriegsfolgen für die Wirtschaft. Die Energieversorgung halten die Essener für gesichert.

Evonik strotzt vor Zuversicht

ab Köln

Nach einem erfolgreichen Geschäftsjahr blickt Evonik voller Zuversicht in den neuen Turnus. „Wir werden weiter wachsen – und das kräftig“, sagte Vorstandschef Christian Kullmann bei der Bilanzvorlage mit Blick auf den neuen Turnus. Konkret soll der Umsatz auf 15,5 bis 16,5 Mrd. Euro und das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) auf 2,5 bis 2,6 Mrd. Euro ausgebaut werden. Darin nicht berücksichtigt sind etwaige Folgen des Kriegs in der Ukraine.

Auch der Free Cashflow soll weiter steigen, nachdem er 2021 bereits um 22 % auf 950 Mill. Euro verbessert worden war. Dahinter stand eine kraftvolle operative Entwicklung mit einem Umsatzsprung um 23 % auf 15 Mrd. Euro sowie einem Wachstum im operativen Ergebnis um ein Viertel auf 2,4 Mrd. Euro. Die insbesondere in der zweiten Jahreshälfte spürbar gestiegenen Rohstoff-, Energie- und Logistikkosten hatte Evonik vollständig weiterwälzen können. Davon wird auch für 2022 ausgegangen. Dank des stürmischen Wachstums gelang es zudem, die Kapitalkosten zu verdienen. Der Ertrag auf das eingesetzte Kapital landete mit 9 % exakt auf Höhe der Kapitalkosten. 2022 wird hier mit einer leichten Verbesserung gerechnet.

Untermauert wird die Zuversicht vom Start in den neuen Turnus. So wird für das erste Quartal ein Zuwachs im bereinigten Ebitda um mindestens 10 % in Aussicht gestellt, während im Gesamtjahr „nur“ mit einem Ergebnisplus zwischen 4 % und 8 % kalkuliert wird. Die Aktionäre sollen an dem spürbar verbesserten Ergebnis mit einer kleinen Dividendenerhöhung auf 1,17 (i.V. 1,15) Euro je Aktie beteiligt werden.

Sanktionen ohne Alternative

Doch die Zahlen rückten angesichts der aktuellen Ereignisse in den Hintergrund, wobei Kullmann mit dem autokratischen Regime in Russland, das den Krieg begonnen habe, hart ins Gericht ging. Die von der EU ausgesprochenen Sanktionen seien „richtig, notwendig und ohne Alternative“, unabhängig davon, dass sie auch westliche Unternehmen träfen. Evonik selbst macht in der Kriegsregion jedoch nur in überschaubarem Umfang Geschäfte. Während in der Ukraine nur drei Beschäftigte gezählt werden, sind es in Russland 60. Dort ist Evonik jedoch nicht mit eigenen Produktionsstätten vertreten. Zuletzt wurde dort ein Umsatz von knapp 200 Mill. Euro erzielt, entsprechend einem Umsatzanteil von etwas mehr als 1%. Für die deutsche Chemieindustrie stellt sich die Situation ähnlich dar. Nur 2,4 % der Exporte gingen nach Russland, sagte Kullmann, der zugleich Präsident des Branchenverbands VCI ist.

Sorge bereitet dagegen, dass Russland einer der größten Energielieferanten und die Chemieindustrie eine der energieintensivsten Branchen in Deutschland ist. Ein weiterer Anstieg der Gas- und Ölpreise führe die chemische Industrie an die Schmerzgrenze, sagte Kullmann. Für das eigene Haus sieht der Evonik-Chef die Versorgung jedoch gesichert. Und auch beim Preis haben die Essener vorgesorgt. Der Gaspreis werde seit vielen Jahren über physische Lieferverträge abgesichert, erläuterte Finanzchefin Ute Wolf. Der Zeitraum erstrecke sich rollierend über drei Jahre.

Zugleich prüft Evonik, die aus Klimaschutzerwägungen außer Betrieb genommenen Kohlekraftwerksblöcke im Chemiepark Marl wieder in Betrieb zu nehmen. Neben der behördlichen Genehmigung fehlen dazu allerdings das Personal und die Kohle. Das noch im Bau befindliche Gas- und Dampfturbinenkraftwerk soll nach früheren Planungen, an denen derzeit noch festgehalten wird, im Mai/Juni ans Netz gehen.

Die Sorge um die Versorgungssicherheit treibt allerdings auch die Investoren um. Seit Tagen stehen die Chemiewerte unter Druck. Evonik verloren am Donnerstag erneut 4,5 % auf 25,09 Euro.

Den Portfolioumbau will Evonik im laufenden Turnus weiter vorantreiben. Im Fokus steht dabei das in die Division Performance Materials verschobene Geschäft mit Superabsorbern, die in Windeln verbaut werden. Der Carve-out des Geschäftsgebiets Baby Care sei abgeschlossen, sagte Kullmann. Der Startschuss für den Verkaufsprozess sei jedoch noch nicht gefallen, gewartet werde auf das passende Zeitfenster. Das Geschäft war auch 2021 vom schwierigen Marktumfeld beeinträchtigt. Allmählich zeichne sich jedoch eine Erholung ab.

Evonik
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20212020
Umsatz14 95512 199
Bereinigtes Ebitda2 3831 906
Ebit1 173819
Finanzergebnis– 88– 135
Konzernergebnis746465
Erg. je Aktie (Euro)1,601,00
Ber. Erg. je Aktie (Euro)2,121,37
Dividende (Euro)1,171,15
Nettoverschuldung2 8572 886
Free Cashflow950780
Roce * (%)9,06,1
*) Return on Capital EmployedBörsen-Zeitung