Kapitalerhöhung

Frankreich greift EDF unter die Arme

Der französische Staat eilt Versorger EDF zu Hilfe, der von Maßnahmen zur Deckelung der Strompreise und Produktionsrückgängen bei Atomstrom belastet wird. Frankreich will sich mit 2,1 Mrd. Euro an der Kapitalerhöhung beteiligen und weiter auf Dividenden verzichten. 

Frankreich greift EDF unter die Arme

wü Paris – 

Es ist eine Entscheidung, die sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet hatte. Anlässlich der Veröffentlichung der Bilanz 2021 wurde sie nun offiziell verkündet. Der hochverschuldete Versorger Electricité de France (EDF) plant eine Kapitalerhöhung über 2,5 Mrd. Euro, an der sich der französische Staat mit 2,1 Mrd. beteiligen will. Frankreich hält 83,9% des Kapitals von EDF. Im Rahmen der Kapitalerhöhung, die so schnell wie möglich stattfinden soll, sollen 510 Millionen neue Aktien ausgegeben werden. 

Zusätzlich dazu will der französische Staat auch 2022 und 2023 auf die Dividenden verzichten, die ihm zustehen würden, und sie sich stattdessen in Aktien auszahlen lassen, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Auf diesem Wege hat die französische Regierung den Betreiber der 56 französischen Atomreaktoren bereits seit 2015 gestützt. Der französische Staat hat sich zudem mit 3 Mrd. Euro an der Kapitalerhöhung über 4 Mrd. Euro beteiligt, die EDF 2017 durchgeführt hat. Der Stromriese, dessen Nettoverschuldung im letzten Jahr von 42,3 Mrd. auf 43 Mrd. Euro gestiegen ist, will nun auch bis zum Jahr 2024 Aktivitäten für 3 Mrd. Euro verkaufen.

Umsatz rückläufig

„EDF hat im Zusammenhang mit der Nichtverfügbarkeit der Atomreaktoren Schwierigkeiten und verkauft weniger Atomstrom“, sagte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire dem Radiosender RTL. Die Umsätze gingen zurück. Deshalb benötige der Versorger die finanzielle Unterstützung des Staates. Zusätzlich zu coronabedingt aufgeschobenen Wartungsarbeiten muss EDF nämlich den von ihm betriebenen Reaktoren vertieften Überprüfungen unterziehen, nachdem Korrosionsprobleme am Kreislauf des Notkühlsystems entdeckt wurden. Für die Untersuchungen müssen die Reaktoren fünf Wochen lang vom Netz genommen werden.

Der Stromriese hat deshalb seine Produktionsprognosen für dieses und nächstes Jahr gesenkt. Er schätzt, dass der Produktionsrückgang das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in diesem Jahr mit rund 11 Mrd. Euro belasten wird. Mindestens – betont das französische Wirtschaftsministerium. Denn die Untersuchungen liefen noch. Dazu kommen auf rund 8 Mrd. Euro geschätzte Belastungen durch Maßnahmen zur Deckelung der Strompreise, die die Regierung EDF zu Beginn des Jahres aufgezwungen hat. Der Konzern schätzt, dass sein Ebitda deshalb in diesem Jahr rund 70% sinken wird. Im Turnus 2021 war das Ergebnis noch von 16,2 Mrd. Euro auf 18,0 Mrd. Euro gestiegen.

Um EDF zu unterstützen hatte Präsident Emmanuel Macron vor einer Woche den Bau von sechs EPR-Druckwasserreaktoren einer neuen Generation bis 2050, eine Option für acht weitere sowie die Verlängerung der Laufzeiten der von EDF betriebenen Reaktoren, wenn möglich auf über 50 Jahre, angekündigt. Allein der Bau der sechs neuen EPR-Reaktoren dürfte 50 Mrd. Euro kosten. Mindestens, denn der Bau des ersten französischen EPR-Reaktors in der Normandie hat sich bereits um mehr als zehn Jahre verzögert und um 9,3 Mrd. Euro verteuert.

Für das EPR-Projekt im britischen Hinkley Point kündigte EDF jetzt in einem anlässlich der Bilanz veröffentlichten Dokument eine Überprüfung der Kosten und des Kalenders im Laufe dieses Jahres an. Die Kosten haben sich dort bereits um 4 bis 5 Mrd. Pfund erhöht. 

Investoren straften EDF für die angekündigte Kapitalerhöhung ab, so dass die Aktie des Stromriesen am Freitag an der Börse von Paris im Laufe des Vormittags um zeitweise fast 4% auf 8,01 Euro nachgab.