Bierindustrie

Hasseröder im Angebot

Anheuser-Busch Inbev, die größte Brauereigruppe der Welt, erwägt nach Informationen von Bloomberg den Verkauf deutscher Biermarken, u.a. von Hasseröder und Franziskaner Weissbier.

Hasseröder im Angebot

md/Bloomberg Frankfurt

In den deutschen Biermarkt kommt Bewegung. Die weltgrößte Brauereigruppe Anheuser-Busch Inbev denkt über den Verkauf ihrer deutschen Biermarken Franziskaner, Spaten und Hasseröder nach, um sich künftig auf andere Wachstumsfelder fokussieren zu können, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg aus informierten Kreisen erfahren haben will. Demnach könnten die deutschen Marken, die abgegeben werden sollen – neben den genannten kommen noch Diebels und Löwenbräu in Frage –, zusammen rund 1 Mrd. Euro wert sein. Der im belgischen Löwen ansässige Bierkonzern arbeite an dem möglichen Verkauf mit einem Berater, sagten die informierten Personen Bloomberg. Entsprechende Gespräche liefen derzeit an. 

„Wir prüfen kontinuierlich unsere Optionen, um unser Geschäft zu optimieren und das Wachstum voranzutreiben“, erklärte ein Sprecher von Inbev dazu. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland mehr als 2000 Mitarbeiter. Die Brauerei in Bremen, wo Beck’s-Bier hergestellt wird – diese Marke steht nicht zum Verkauf –, ist laut der Website die größte des Landes.

Der Konzern ist seit Jahrzehnten auf dem M&A-Markt äußerst aktiv und erreichte seine heutige Stellung durch zahlreiche Übernahmen von Unternehmen und Marken (siehe Kasten). Dadurch kamen vor Dekaden auch die nun zur Disposition stehenden Labels zur Gruppe, die insgesamt in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle spielt, während Inbev in anderen Teilen der Welt (Nord- und Südamerika, Afrika, Australien etc.) Marktführer ist.

Der deutsche Biermarkt gilt als sehr fragmentiert, besonders wettbewerbsintensiv und eher margenarm. Mit Ausnahme von Beck’s gehört keine der Inlandsmarken von Anheuser-Busch Inbev zu den Top 10 der meistverkauften Biere hierzulande. Zudem hat sich gezeigt, dass sich die deutschen Marken im Portfolio von Inbev – mit Ausnahme von Beck’s – kaum für den Export eignen.

Der neue CEO Michel Doukeris, der im Juli die Leitung von Anheuser-Busch Inbev übernommen hat, möchte sich von weniger profitablen Geschäften trennen und mit den dadurch erzielten Einnahmen den seit der Übernahme von SABMiller immens hohen Schuldenberg abbauen. Diesen Weg hatte bereits sein Vorgänger Carlos Brito beschritten, indem der Brasilianer gegen Ende seiner 15-jährigen Amtszeit z.B. das australische Geschäft veräußert und die Division Asien-Pazifik an die Börse gebracht hatte. Dennoch hielt sich die Nettoverschuldung bis zuletzt hartnäckig auf einem Niveau von knapp 90 Mrd. Dollar.

Außerdem sieht Doukeris, der vor seiner Bestellung zum CEO mit dem Nordamerika-Geschäft die wichtigste Sparte des Konzerns leitete (aus der rund ein Drittel der Umsätze stammt), ohnehin weitaus stärkere Wachstumschancen als bei traditionellem Bier etwa bei Mischgetränken, Spirituosen, Cocktails und Wein in Dosen sowie Energy-Drinks. Tatsächlich geht in Industrieländern der Trend weg vom Bier und hin zu Wein und Spirituosen.

Die im Euro Stoxx 50 enthaltene Aktie von Anheuser-Busch Inbev gab am Dienstag in Brüssel um 0,5% auf 48,36 Euro nach. Die Marktkapitalisierung beträgt 80 Mrd. Euro.

Verkauf 2018 geplatzt

Es ist nicht das erste Mal, dass Inbev deutsche Marken ins Schaufenster stellt. Schon Mitte 2017 wurden Käufer für die ostdeutsche Traditionsbrauerei Hasseröder, damals nach Absatz die fünftgrößte deutsche Biermarke, und die Altbierbrauerei Diebels gesucht. Im Januar 2018 schien der Deal zu stehen: Die Marken sollten mitsamt den zugehörigen Brauereien an den Finanzinvestor CK Corporate Finance GmbH (CKCF) aus dem hessischen Kronberg, veräußert werden. Zum Kaufpreis machen die Unternehmen damals keine Angaben. Doch das Geschäft platzte. Im Juli 2018 gab Inbev bekannt, dass CKCF nicht alle Bedingungen erfüllt habe, um die Transaktion wie vorgesehen zur Jahresmitte abzuschließen. Die daraufhin erneut gestartete Suche nach einem Käufer für Hasseröder und Diebels blieb ergebnislos – dem Vernehmen nach, weil die Preisvorstellungen von Inbev jeden Interessenten abschreckten.

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