Im GesprächAdrian Pielken und Alexander Müller, Roland Berger

„Beratung zu Sondersituationen wird treibendes Thema“

Roland Berger hat den Bereich für Restrukturierung, Performance und Transformation neu aufgestellt. Wie die Zusammenarbeit organisiert ist und auf welche Wachstumsimpulse sie in der Restrukturierungsberatung setzen, berichten die Senior Partner Adrian Pielken und Alexander Müller im Gespräch.

„Beratung zu Sondersituationen wird treibendes Thema“

Im Gespräch: Adrian Pielken und Alexander Müller

„Beratung zu Sondersituationen wird treibendes Thema“

Plattform für Restrukturierung, Performance und Transformation bei Roland Berger mit neuer Führung – Interimsmanagement als großes Wachstumsfeld

Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Roland Berger hat den Bereich für Restrukturierung, Performance und Transformation neu aufgestellt. Wie die Zusammenarbeit organisiert ist und auf welche Wachstumsimpulse sie in der Restrukturierungsberatung setzen, berichten die Senior Partner Adrian Pielken und Alexander Müller im Gespräch.

Die Transformationsberatung, eines der klassischen Beratungsfelder bei Roland Berger, hat sich zuletzt selbst trans-
formiert. Der Flaggschiff-Bereich „Restructuring, Performance & Transformation“ (RPT) hat eine neue Struktur erhalten, nachdem Sascha Haghani, der über viele Jahre das Gesicht von Roland Berger im Restrukturierungsmarkt war, seinen Abschied zum Jahresende angekündigt hat.

Neue Generation

Die Plattform für Restrukturierungen, Performance- und Transformationsberatung wird künftig von einem Managementteam geführt, das „die nächste Führungsgeneration“ des Beratungshauses umfasst, erklärt Adrian Pielken. Er übernimmt gemeinsam mit Alexander Müller die Verantwortung für das Segment „Restructuring & Turnaround“ – das R im Bereich RPT. Die weiteren Segmente der RPT-Plattform verantworten künftig Benedikt Rickmers (Performance), Cyrus Asgarian (Transformation), Christof Huth und Sven Kleindienst (Investor Support), Patrick Heinemann (Transaction Services) und Jörg Eschmann (M&A/Financial Advisory).

Zentrale Steuerung wurde ineffizient

Die Führungskräfte treffen sich wöchentlich in einem Steuerungsteam, um sich abzustimmen. Im Tagesgeschäft können jedoch die Teams für Restrukturierung, Corporate Performance und Transformationsberatung stärker eigenständig agieren als früher. „Das ist die wesentliche strukturelle Änderung“, erklärt Müller. Die Bereiche seien inzwischen so groß, dass eine zentrale Steuerung nicht mehr effizient sei.  

Die RPT-Plattform ist laut Pielken mit rund 250 Beraterinnen und Beratern in der DACH-Region eine der größten Einheiten für Restrukturierungsthemen im deutschsprachigen Raum. Der Personalpool steht dabei der gesamten Plattform zur Verfügung: „Es kann sein, dass ein Berater mehrere Monate an einem Performance-Projekt arbeitet und danach einen Restrukturierungsfall betreut“, sagt Pielken. Bei Projekten ergänzen Fachleute aus anderen Roland-Berger-Einheiten, etwa für bestimmte Industrien oder für funktionale Themen wie Einkauf oder Produktion, die Teams. 

Die Beratung rund um Sondersituationen von Restrukturierung bis Transformation wird eines der treibenden Themen für die nächsten Jahre sein.

Adrian Pielken, Roland Berger

Die Restrukturierungsberatung zählt für die beiden Senior Partner „zum markenbildenden Kern“ von Roland Berger. Pielken ist seit rund 15 Jahren bei dem Beratungshaus, Müller kehrte nach Mandaten als CRO und Interim-CFO 2015 zurück zu Roland Berger. Für 2024 rechnen beide mit steigenden Anfragen in ihrem Bereich. „Die Beratung rund um Sondersituationen von Restrukturierung bis Transformation wird eines der treibenden Themen für die nächsten Jahre sein“, ist Pielken sicher. „Wir sehen keine Welle, aber der Wasserpegel steigt.“

Die Senior Partner sehen im Interimsmanagement ein großes Wachstumsfeld. Den Kern dieses Angebots bildet ein Team von gut einem Dutzend Leuten der Münchner Beratung Candidus, das zum 1. Februar 2023 in Roland Berger integriert wurde. „Wir sehen immer häufiger, dass in Restrukturierungsprojekten neben Beratung auch operative Unterstützung gefragt ist“, sagt Müller.

Personalthema bremst Ausbau im Interimsmanagement

Der Ausbau im Interimsmanagement wird allerdings durch das Thema Personal begrenzt. Denn die Mandate erfordern nicht nur schwierige Entscheidungen, sie können für die Interimsmanager auch haftungsrechtliche Folgen haben. „Für diese Mandate braucht man spezielle Charaktere mit Erfahrung, und die sind im deutschsprachigen Raum rar“, sagt Müller. Der Aufbau des Bereichs hänge davon ab, welche Profile am Markt verfügbar seien. „Es geht Qualität vor Quantität.“

Es wird sicher immer auch mittelständische Häuser im Markt geben, aber tendenziell dürfte sich das Geschäft etwas stärker auf große Anbieter konzentrieren.

Alexander Müller, Roland Berger

Derzeit sei spürbar, dass die Spannung im Markt zunehme, berichtet Pielken: „Wir hören beispielsweise von Finanzierern, dass sie sehr genau darauf schauen, wie sich die Risikosituation der finanzierten Unternehmen verändert“, sagt er. Hinzu kämen viele Unternehmen, die sich seit Jahren immer neuen Herausforderungen stellen müssen – kaum, dass sie eine Krise überwunden glaubten.

Die Folge: „Restrukturierungen betreffen viele Bereiche, sind dadurch sehr komplex und dauern länger.“ Müller beobachtet zudem, dass Gesellschafter und Managementteams häufiger um Rat fragen, wenn sich drohende Covenant-Brüche oder komplexe Refinanzierungen anbahnen.

Stärkere Konzentration

Die steigende Komplexität der Restrukturierungsfälle spielt großen Einheiten wie Roland Berger, die mit ihren Teams ein großes Themenspektrum abdecken können, in die Hände. „Es wird sicher immer auch mittelständische Häuser im Markt geben, aber tendenziell dürfte sich das Geschäft etwas stärker auf große Anbieter konzentrieren“, erwartet Müller.

Welche Rolle die RPT-Plattform wirtschaftlich für Roland Berger spielt, kommuniziert die Unternehmensberatung nicht. Umsätze nach Segmenten oder Ländern gibt sie nicht preis. Bekannt ist: Das Beratungshaus wird nach eigener Einschätzung 2023 erstmals in der Unternehmensgeschichte die Marke von 1 Mrd. Euro Umsatz erreichen, womit es einer internen Zielsetzung um ein Jahr voraus wäre. Das nächste Ziel lautet, innerhalb der nächsten fünf Jahre die Marke von 2 Mrd. Euro zu übertreffen.

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