Eliran Glazer, Monday.com

Monday.com will 2025 Betriebsgewinn erreichen

Nach einem fulminanten Börsengang muss das Software-Unternehmen Monday.com seine Investoren nun durch eine schwächere Phase hindurch bei der Stange halten. CFO Eliran Glazer über Kommunikation, finanzielle Polster und M&A-Perspektiven.

Monday.com will 2025 Betriebsgewinn erreichen

Von Sabine Reifenberger, Frankfurt

Das auf Workflow-Software spezialisierte israelische Unternehmen Monday.com hat sich im vergangenen Jahr zum Börsenstar gemausert. Beim IPO an der Nasdaq im Juni 2021 wurde es mit rund 7 Mrd. Dollar bewertet; ein enormer Sprung seit der Finanzierungsrunde von 2019 zu 1,9 Mrd. Dollar. In den folgenden Monaten ging es an der Börse steil bergauf, die Aktie legte um mehr als das Doppelte zu – doch seit einigen Monaten ist der Shootingstar im Sinkflug. Zeitweise rutschte die Aktie an der Nasdaq in diesem Jahr unter die 100-Dollar-Marke, der aktuelle Börsenwert liegt noch bei etwa 4,3 Mrd. Dollar. Gemessen am Umsatz von 308 Mill. Dollar im Geschäftsjahr 2021 ist das immer noch ein Multiple von 14x. „Ich würde mir eine höhere Bewertung wünschen, aber in Anbetracht des Gegenwinds auf den Weltmärkten und der geopolitischen Spannungen bin ich mit einem Multiple über 10x zufrieden“, sagt Monday.com-CFO Eliran Glazer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Wie viele andere Unternehmen, darunter Wettbewerber aus der Software-Branche, sieht auch Mondy.com bei Kunden derzeit wenig Appetit auf neue Investments, insbesondere bei Europäern: „Entscheidungen für Produktexpansionen und neue Projekte fallen derzeit sehr zögerlich oder werden verschoben“, berichtet Glazer. Grund zur Panik ist der starke Rückschlag am Kapitalmarkt für ihn aber nicht. „Es wäre ein Fehler, jetzt kurzfristige Entscheidungen zu treffen. Entscheidend ist für mich der Blick auf die kommenden drei Jahre.“

Diese Perspektive will der Finanzchef auch den Investoren vermitteln. Zu Monday.com kam er nach Stationen bei Nex Markets und Lightricks erst vier Monate vor dem Börsengang; dann musste er die aus dem Start-up gewachsenen Strukturen auf Kapitalmarktfähigkeit skalieren. „Von den damals knapp 800 Mitarbeitern waren nur etwa 30 im Finanzbereich tätig“, berichtet Glazer. Inzwischen arbeiten 1500 Menschen für Monday.com. Funktionen wie Treasury, Investor Relations, Controlling sowie Steuer wurden ausgebaut. In der Kapitalmarktkommunikation setzt Glazer auf ständigen Kontakt: „Wir machen nichtgeschäftliche Roadshows, treffen Investoren und versuchen, eine langfristig belastbare und vertrauenswürdige Beziehung aufzubauen“, sagt er. Dann, so ist er überzeugt, würden Investoren dem Unternehmen auch in schwierigen Phasen zur Seite stehen.

Die nächsten Monate dürften unruhig bleiben, erwartet Glazer. „Die Erholung wird noch einige Quartale dauern; vor dem zweiten Halbjahr 2023 rechne ich nicht mit einer dramatischen Veränderung der Marktlage.“

Dass Monday.com trotz der stark eingebrochenen Bewertung nicht zu sehr unter Stress gerät, dürfte auch an dem finanziellen Polster liegen, das das Unternehmen sich aufgebaut hat. Allein der Börsengang spülte Monday.com nach mehreren privaten Finanzierungsrunden den Angaben zufolge noch einmal 736 Mill. Dollar in die Kassen, der Kassenbestand lag Ende des zweiten Quartals bei 830 Mill. Dollar.

Glazer sieht es als eine seiner Hauptaufgaben, die richtige Balance zwischen finanzieller Stabilität und Investitionen zu finden – auch mit Blick auf Zukäufe. „Wir hätten die erforderlichen Mittel, um bei einer guten M&A-Gelegenheit handlungsfähig zu sein“, sagt er. Das M&A-Team von Monday.com befindet sich derzeit im Aufbau. Mögliche Targets könnten Unternehmen sein, deren Produkte das Portfolio von Monday.com ergänzen, etwa durch Whiteboard-Funktionen oder das Abbilden ergänzender Workflows. „Wir beginnen gerade, uns einen Überblick zu verschaffen. Das Thema M&A wird in naher Zukunft konkreter.“

Nach eigenen Angaben hat Monday.com inzwischen mehr als 150000 Kunden in 200 Ländern. In Deutschland sind es 4300 Kunden, darunter Bayer, die Software AG und BMW. Betreut werden die deutschen Kunden aus London und Tel Aviv.

Im operativen Geschäft verbrennt das Unternehmen allerdings noch Geld: Im zweiten Quartal dieses Jahres fiel ein operativer Verlust nach US-GAAP von 46,2 Mill. Dollar an (i.V. −27,5 Mill. Dollar). Der Free Cashflow lag um gut 19 Mill. Dollar im Minus. Der Umsatz wuchs mit 124 Mill. Dollar um 75% gegenüber dem Vorjahreswert. „Allerdings sehen wir seit dem Ende des zweiten Quartals, dass sich die Geschäftsentwicklung insbesondere in Europa verlangsamt, auch durch den Gegenwind der Wechselkurse“, sagt Glazer.

Für das Gesamtjahr prognostiziert Monday.com einen Umsatz von rund 502 Mill. Dollar; das wäre ein Wachstum von 63%. Den Weg zur Profitabilität hat Glazer bereits klar vor Augen: „Gemäß unserem langfristigen Plan sollten wir bis Ende 2024 einen positiven Cashflow erzielen, und bis spätestens 2025 soll unter dem Strich ein Betriebsgewinn stehen.“

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