Corona–Pandemie

Olympia-Förderer schieben Werbefrust

Aufgrund der Corona-Pandemie finden die olympischen Spiele stark abgespeckt statt. Für Sponsoren lohnt sich der große Werbeaufwand womöglich nicht.

Olympia-Förderer schieben Werbefrust

Von Martin Fritz, Tokio

Die Marketingchefs von 68 japanischen Unternehmen sind nicht zu beneiden. Als Sponsoren der Olympischen Sommerspiele, die am 23. Juli in der japanischen Hauptstadt beginnen, wollen sie für ihre Marke und Produkte werben. Aber die Sportveranstaltung stößt wegen möglicher Gefährdung der öffentlichen Gesundheit durch Covid-19 auf breite Ablehnung. Der oberste Virologe der Regierung, Shigeru Omi, bezeichnete die Austragung in einer Pandemie als „nicht normal“. Der Chef des Amazon-Rivalen Rakuten, Hiroshi Mikitani, kritisierte die Spiele als „Selbstmordmission“.

Sorge vor Kritik

In Umfragen sprechen sich seit Monaten zwei Drittel der Bevölkerung gegen Olympia aus. Die öffentliche Stimmung ist so aufgeladen, dass einige Sponsoren auf Werbespots mit Sportlern verzichten – sie fürchten einen Schaden für ihre Marke durch Kritik in den sozialen Medien. Für ihre Werberechte haben die 68 Unternehmen zusammen die Rekordsumme von 361 Mrd. Yen (2,7 Mrd. Euro) bezahlt. Dafür erhalten sie jedoch fast keinen Gegenwert: Die Pandemie zerstörte den Olympia-Glanz, der auf die Sponsoren fallen sollte. Zudem werden die Wettkämpfe nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen. Dadurch können die Geldgeber nur wenige wichtige Kunden in VIP-Lounges bei Wettkämpfen einladen.

Japans größter Getränkekonzern Asahi hat sich das exklusive Recht gesichert, in den Stadien und der Umgebung Bier und Wein auszuschenken, aber weiß immer noch nicht, wie viele Menschen dort sein werden. Zuschauer aus dem Ausland sind bereits ausgesperrt, über Zuschauer aus Japan entscheiden die Veranstalter erst vier Wochen vor der Eröffnung. Durch die extreme Hitze im japanischen Sommer werden die Besucher zwar durstig sein, aber bei der erwarteten Begrenzung auf 5 000 pro Wettkampf und ohne Touristen rings um die Sportstätten stellt sich für Asahi längst die Frage, ob sich der ganze Aufwand lohnt.

Bei Toyota ist die Stimmung ähnlich schlecht. Ursprünglich wollte man eine Flotte von 3700 Autos, darunter 500 Limousinen und 100 Busse mit Wasserstoffantrieb, in die olympische Werbeschlacht schicken. Die Fahrzeuge sollten Athleten und Prominente zu Stadien und Unterkünften transportieren. Doch Sportler, Betreuer und Funktionäre werden sich in einer „Blase“ bewegen und dürfen keinen Kontakt zur einheimischen Bevölkerung haben. „Wir spüren diesen Konflikt jeden Tag“, gestand Toyota-Vorstand Jun Nagata. Nun hat der Autobauer seine Pläne heruntergefahren.

Einwände kommen zu spät

Die 68 Sponsoren hatten sich für Olympia vor allem aus Patriotismus engagiert. Die Unterstützung wurde ihnen vom Werberiesen Dentsu, der die Sponsoren akquirierte, als „nationale Pflicht“ aufgedrängt. Nach der Verschiebung um ein Jahr verlängerten die Firmen zum Jahreswechsel ihre Verträge und leisteten brav eine Nachzahlung.

Diese Vorgeschichte erklärt womöglich, warum die ersten Unternehmen erst jetzt aufzumucken beginnen und hinter den Kulissen auf eine Verschiebung der Spiele um mehrere Monate dringen. Dann wären mehr Japaner geimpft und die Veranstalter könnten mehr Besuchern Einlass in die Stadien gewähren. Weniger als 50 Tage vor der Eröffnungsfeier ist es für ihre Einwände natürlich viel zu spät – aber eben auch für einen Rückzieher.