Pharmaindustrie

Strüngmann-Brüder setzen auf Biosimilars

Die Gebrüder Andreas und Thomas Strüngmann setzen in der Biosimiliar-Entwicklung auf Formycon. Sie verkaufen Aktivitäten im Wert von 650 Mill. Euro an das Unternehmen aus Martinsried nahe München und investieren  ihrerseits Geld via Kapitalerhöhung.

Strüngmann-Brüder setzen auf Biosimilars

mic München

Die Gebrüder Andreas und Thomas Strüngmann setzen in der Biosimiliar-Entwicklung auf Formycon. Sie verkaufen Aktivitäten im Wert von 650 Mill. Euro an das Unternehmen aus Martinsried nahe München und investieren  ihrerseits Geld via Kapitalerhöhung. In der Folge werden sie mit 26,6% der größte Aktionär. Dies gaben die Strüngmann-Gesellschaft Athos und das Unternehmen am Dienstagabend bekannt. Der Aktienkurs des Spezialisten für komplexe Nachahmerprodukte von Biopharmazeutika, deren Patentschutz ausläuft, stieg am Mittwoch bis zum Schluss des Xetra-Handels um 11,6% auf 61,50 Euro.

Formycon-Vorstandsvorsitzender Carsten Brockmeyer erklärte in einer Investorenkonferenz, die Transaktion werde die Marktposition von Formycon deutlich steigern. Der Biosilimilar-Markt wachse exponentiell. Schätzungen zufolge soll der weltweite Umsatz im Jahr 2030 rund 60 Mrd. Dollar betragen (siehe Grafik). Der Biosimilar-Umsatz in Deutschland addierte sich 2020 auf 1,8 Mrd. Euro. „Aus unserer Sicht hat das Zeitalter der Biosimilars gerade erst begonnen“, sagte Finanzvorstand Nicolas Combé. Formycon befinde sich in einem Wachstumssegment des globalen Pharmamarktes.

Die im Juni 2012 gegründete Gesellschaft erlöste im vergangenen Jahr 34 Mill. Euro. Der Nettoverlust betrug 5,9 Mill. Euro. Combé erklärte, der operative Gewinn (Ebitda) solle in recht überschaubarer Zeit auf mehr als 100 Mill. Euro steigen – getrieben von höheren Vermarktungserlösen infolge der Transaktion. In der Pressemitteilung wird ein dreistelliger Ebitda-Millionenbetrag für das Jahr 2025 ange­kündigt.

Die Transaktion umfasst im Wesentlichen zwei Teile. Einerseits übernimmt Formycon das Biotechnologie-Unternehmen Bioeq, ein Joint Venture zwischen Polpharma Biologics und der Strüngmann-Gruppe. Mit der Übernahme der komplementären Entwicklungseinheit internalisiere man auch den Bereich IT, der wichtig sei, betonte Combé.

Andererseits übernimmt Formycon zusätzliche Rechte an jenen zwei Biosimlar-Kandidaten, die in der Vermarktungs-Pipeline vorne stehen. Erstens werde von Bioeq 50% der Rechte an dem Nachahmerprodukt für das Arzneimittel Lucentis (Ranibizumab) erworben, das gegen eine spezifische Sehbehinderung hilft (Makuladegeneration). Formycon gibt den jährlichen weltweiten Lucentis-Umsatz mit 3,6 Mrd. Dollar an. Combé sagte, der Formycon-Zulassungsprozess in Europa und USA für das intern FYB201 genannte Nachahmer-Produkt laufe. Er zeigte sich zuversichtlich, dass das Biosimilar im zweiten Halbjahr 2022 auf den Markt komme. Zweitens übernimmt das Unternehmen vollständig die Rechte an einem Biosimilarkandidaten für entzündliche Erkrankungen wie Schuppenflechte (intern FYB202 genannt), indem die von einer Athos-Tochter gehaltenen ausstehenden 75,1% gekauft werden. Mit dem Arzneimittel Stelara würden weltweit 9,1 Mrd. Dollar umgesetzt, sagte Combé. Der Patentschutz laufe regional gestaffelt von September 2023 an aus.

Formycon will die Übernahme der Assets durch zwei Komponenten finanzieren. Erstens werde eine Kapitalerhöhung rund 340 Mill. Euro bringen, sagte Combé. Jeder Anteilsschein wird mit 83,41 Euro bewertet. Damit liegt das Niveau weit über dem Börsenkurs. Zweitens soll der übrige Betrag von gut 300 Mill. Euro aus den künftigen Erträgen von Produkten an Athos zurückgezahlt werden. Die Transaktion werde im ersten Halbjahr 2022 – wahrscheinlich im Mai – abgeschlossen.

Athos und die Beteiligungsgesellschaft Active Ownership Capital (AOC) räumen Formycon außerdem eine Kreditlinie von 50 Mill. Euro ein. AOC betont in einer eigenen Mitteilung, maßgeblich an der Strukturierung und Verhandlung der Transaktion beteiligt gewesen zu sein.

Nach der Transaktion halten neben Athos die Familie Wendeln 15,9% der Aktien, AOC kommt auf 6,6%. Die Vorbereitungen für den Wechsel in den Prime Standard und für eine Notierung an der US-Börse Nasdaq würden fortgesetzt, sagte Combé. Er stellte eine Umsetzung im ersten Halbjahr 2023 in Aussicht.